2000 – 3
Kunst als Kompaß im Netzwerk gegenwärtiger Raumsysteme1Dieser Beitrag wurde anlog zur CD-Rom nur mit Schwarz-Weiß-Fotos gestaltet. U. Fenz-Kortschak
Durch die Mondlandung von Neil Armstrong, durch das Erscheinen der virtual reality, durch das Befahren des Datenraumes hat sich nicht nur unsere Vorstellung vom Raum komplett verändert – die Benutzungsqualität der neuen Räume wirkt auf die alten zurück und bestimmt in einer entscheidenden und nachhaltigen Weise daher nicht bloß das Weltbild, sondern das kommunikative und funktionale Verhalten im gegenwärtigen Lebensraum. Das Ausmaß der Veränderungen greift derart intensiv in die Alltagsrealität ein, daß ein Vergleich auf der neuzeitlichen historischen Skala unmöglich scheint.
Auf der visuell erfahrbaren und wissenschaftlich wie philosophisch determinierten Ebene sind bestenfalls die Vernichtung des mittelalterlichen Symbolraumes durch die Renaissance und die Null-Markierung des Darstellungsraumes bei Kasimir Malewitsch – auf der Grundlage allgemein naturwissenschaftlicher wie spezifisch mathematischer Theorien und Modelle – die russische Mathematik hat sich vor allem in der Person von Nikolaj Lobacevskij intensiv mit der nichteuklidischen Geometrie auseinandergesetzt – als annähernd ähnliche Einschnitte im Erfahrungshorizont auszumachen.
In diesem Zusammenhang sind weniger hoch spezifizierte Überlegungen und Forschungen als wissenschaftsgeschichtliche Anthologie von Interesse als vielmehr die „kunstpraktischen“ Auswirkungen auf den Gesellschaftskörper Mensch. Dieser wird nicht so sehr von einer generellen Ortung neuer Raumdimensionen bestimmt als vielmehr von den Absichten und Möglichkeiten, auf den ständig wachsenden und erweiterten Benutzeroberflächen den jeweiligen Raum als Ort (der Handlung, der Reflexion) entsprechend auszudifferenzieren. Der hier bestimmende Ansatz muß sich vor dem Hintergrund neuer, komplexer Raumtypologien, die eine reflexive Wahrnehmung, zumindest auf den ersten Blick, (noch) überfordern können, auch und insbesonders auf die alten beziehen. Diese alten Raumtypologien werden durch einen solchen Vorgang der Vernetzung dann in ihrer systemischen Strukturalität erkennbar. Eine solche Definition ist nicht nur innerhalb einer wissenschaftlichen Systematik von Bedeutung, sie dient vor allem auch der weiterführenden und zielgerichteten Bewußtmachung von Orten, zwischen denen sich der Mensch – nun nicht mehr in theoretisch formulierten Raumgefügen umherirrend – tatsächlich bewegt. Es ist, mit divergierenden Absichten, ein Verdienst der Klassischen Moderne wie breiter Bewegungen der Kunst seit den sechziger Jahren, daß das Phänomen Raum über den Abbildungsmodus hinaus in den Mittelpunkt des auch medienkritisch relevanten Interesses gerückt wurde. Mit Nachdruck muß bei einem derartigen In-Beziehung-Setzen von künstlerischen Positionen vor und nach der Jahrhunderthälfte das geläufige Urteil revidiert werden, daß „die Modernen“ ausschließlich an der Autonomie der künstlerischen Formen bzw. an einem von der Realwelt völlig abgekoppelten Kunstbegriff gearbeitet hätten.
Die Geschichte der russischen Avantgarde im zweiten Jahrzehnt (mit der Bedeutung des „Schwarzen Quadrats“ von Malewitsch als Schnittstelle zum neuen Raum und des „Proun“ von El Lissitzky als „Umsteige-Station“ zwischen Malerei und Architektur sowie der Gesellschaftssymbolik im „Monument für die III.Internationale“ von Wladimir Tatlin), das Ready-Made des Marcel Duchamp oder die minimalistischen Kompositionen von Piet Mondrian, mit ihrem unverkennbaren, bisher nicht aufgeschlüsselten konzeptuellen Ansatz2Mondrian hat unter anderem darauf hingewiesen, daß er eigentlich seine Bilder nicht mehr selbst malen müßte, da für ihn der Entwurf den entscheidenden künstlerischen Akt darstellte und daß die Kunst nur so lang notwendig bis die Gesellschaft eines Tages „harmonisiert“ sein werde. können dafür exemplarisch einstehen.
Der Blick über den Rand gegenwärtiger Datenbrillen hinaus gibt die Sicht frei auf vielfältig konzentrierte und verdichtete Arbeit im und am Raum, eine Arbeit, die seit mehr als drei Jahrzehnten das Konzept und den Modus drastisch veränderte. Ein wesentlicher Grund dafür ist die ebenfalls veränderte Positionierung des Interesses. Form und Inhalt klassischer Rauminstallationen wurden einer künstlerischen Korrektur unterworfen, die in erster Linie dadurch charakterisiert ist, daß trotz divergierender Zugänge – als gemeinsamer Nenner – ein übergreifendes, also über den selbstimmanenten künstlerischen Formenkanon hinausreichendes, Systembewußtsein entwickelt oder geschärft wurde. Für das Werk oder den Handlungsprozeß entscheidende Referenzpunkte liegen deutlich außerhalb eines geschlossenen Regelkreises. Die an diese Punkte geführten Linien verlaufen nicht mehr parallel in einem unendlichen Kunstraum, sondern schneiden sich im Endlichen einer konkreten Verortung. Dieser Ort ist vor dem Auftreffen der Linienstruktur bereits inhaltlich und funktional besetzt, also als Teil eines Systems ausgewiesen. Die künstlerische Intervention konturiert, bestätigt also, das vorhandene Netzwerk, indem sie es sichtbar macht. Oder sie verrückt den Raster in seiner festgelegten Geometrie dadurch, daß sie ihn in einer veränderten Skalierung oder in einer graduellen Abstufung überlagert. Die Projektion neuer Rasterpunkte auf die vorgegebenen erweitert, heute wieder verstärkt, das Netz durch soziale, gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche oder kulturelle Proportionen.
Ein Projekt mit dem Vorhaben, den künstlerischen Raum an seinen Schnittstellen zu anderen gesellschaftlichen Systemen paradigmatisch darzustellen, kann nicht eine formal-räumliche Ästhetik im Visier haben. System/Umwelt-Beziehungen und System-zu-System-Beziehungen stehen im Mittelpunkt des Konzepts. Niklas Luhmann schreibt hingegen nur den System-zu-System-Beziehungen tatsächlichen Informationscharakter zu, indem er feststellt: „Wenn es um System/Umwelt-Beziehungen geht, ist das System die Innenseite der Form, die Umwelt ist unmarked space. ‚Die Umwelt‘ ist nur ein Leerkorrelat der Selbstreferenz des Systems; sie gibt keinerlei Information. Wenn es dagegen um System-zu-System-Beziehungen geht, ist auch die andere Seite der Form etwas, das markiert und bezeichnet werden kann.“3Niklas Luhman, Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1995 , S. 217 Unter diesen Prämissen werden die bestehenden und vergebenen Chancen des White Cube als Kunstraum – in der Realität wie als Synonym – dimensional ebenso diskutiert werden müssen wie die Handlungspraxis in oder gegenüber anderen Territorien, die künstlerisch „annektiert“ werden. Strategien, sich auf umliegende Punkte im Netzwerk des Lebensraumes zu beziehen, sind auf der kritischen Theorie- und Rezeptionsebene noch immer, von Fall zu Fall, als Annexion definiert und einem im engeren Sinn nichtkünstlerischen Diskurs zugeordnet.
White Cube
Die Annäherungsweisen an die Arbeit mit dem White Cube4Brian O’Doherty, In der weißen Zelle / Inside the White Cube. Berlin: Merve, 1996 oder gegen seine ausschließlich als kunstimmanente Repräsentation aufgefaßte und in dieser Weise das System-Segment Kunst substituierende und charakterisierende Gestalt und Erscheinung anzutreten, sind naturgemäß vielfältig. Dabei berühren die stark divergierenden Handlungsmuster nicht nur methodische, sondern auch ideologische Komponenten. Am deutlichsten scheint der Auszug aus den vier Wänden – oder sechs Flächen; im Zusammenhang mit Lissitzkys Prounenraum in Berlin 1923 – zunächst im Bereich der Land Art nachvollziehbar.
Eine diffizilere Form weisen übergreifende konzeptuelle, teils prozeßorientierte, Ansätze auf. Sie sind einerseits von einer „Bestandsaufnahme“ des Galerieraumes bzw. seiner Wandflächen und von tautologischen Handlungsformen geprägt (wie zum Beispiel in Mel Bochners „Measurement Series“ von 1969/70), andererseits bereits in den siebziger Jahren wieder deutlich von kontextuellen Fragen bestimmt, denen Hans Belting in Konkordanz mit dem Funktionsbegriff der Kunst am Beispiel von Duccios „Maestà“ stellvertretend auch für die mittelalterliche künstlerische Praxis nachgeht,5 vgl. Hans Belting, Das Werk im Kontext. In: Kunstgeschuchte. Eine Einführung, hg. v. H. Belting u.a., Berlin: Reimer, 1988 die in komplexerer Form auf eine Rückkoppelung an Duchamps Demonstrationen der spezifischen „Wertigkeit“ des Kunstraumes, vertrauend auf seine Definitionsautorität, schließen lassen.
Für diesen entscheidenden Ansatz sei an Daniel Burens „Position-Proposition“-Projekt von 1971 im Städtischen Museum Mönchengladbach erinnert, das bei minimalen Eingriffen die Kontext-Frage innerhalb zweier Räume – dem Kunstraum und dem öffentlichen Raum – stellte.
Die Arbeit „Sphären der Kunst“ von Richard Kriesche (Graz, Neue Galerie, 1996) erweitert vergleichsweise neutrale – freilich nicht wertfreie – Statements, wie das Verpacken des Kunstortes durch Christo (Berner Kunstmuseum, 1970), das Versiegeln der Mailänder Galleria Appolinaire mittels weiß-grüner Stoffstreifen durch Daniel Buren (1968) oder das Schließen der Butler-Galerie in Los Angeles (1970) für den Zeitpunkt der Ausstellung durch Robert Barry und schließt – in explizit ausdifferenzierter Form – auf der Ebene des Transfers von Räumen an die Mönchengladbacher Überlegungen von Daniel Buren an. Gerade weil die Arbeit Kriesches sowohl für die Diskussion um den White Cube als auch für jene der Gestalt medialer Räume reklamiert werden kann, müssen die wesentlichsten Elemente und die dadurch erfolgenden Raumdefinitionen näher beschrieben werden.
Richard Kriesche wendet seinen Zugang wohl auch in eine institutionskritische, mehr jedoch in eine kulturanalytische Anordnung. Interessant und beispielhaft für den Zusammenhang mit dem Thema von „2000 minus 3“, das sich den Schnittstellen von Künstler-Räumen zu anderen Raum-Systemen widmete, ist daher nicht so sehr die formale Gestalt der Installation, sondern ein in seiner Abfolge stringent aufgebautes Bezugssystem, das Raumorientierungen zu schaffen in der Lage ist. Auch bei „Sphären der Kunst“ war am Eingang des Museums angezeigt: „Für die Dauer der Ausstellung ist die Neue Galerie geschlossen“. Anstatt den Kunstraum für die Präsentation zu nützen, ließ Kriesche im Hof der Neuen Galerie ein so großes Zelt errichten, daß dieses den vorhandenen Raum beinahe vollständig ausfüllte.
Im Zelt bauten an der Stirnwand eine Video- und eine Daten-Projektion die Bildebene auf: eine Video-Live-Übertragung aus den 16 üblichen Ausstellungsräumen auf der einen Seite; die leeren Räume wurden permanent gefilmt. Auf der anderen Seite das Blow Up einer interaktiven CD-ROM, die das Gesamtwerk Kriesches unter den Gesichtspunkten verschiedenst möglicher Verknüpfungen vorstellte. In die Mauer der Galerie war ein I-Träger eingelassen, der mit einem hochempfindlichen Sensor versehen, jede Erschütterung des Gebäudes registrierte. Dieser Eisenträger ragte in das Zelt und bildete das Gelenk zwischen dem realen Ort und dem virtuellen Raum. Via Modem an die Projektion der CD-ROM gekoppelt, beeinflußte jede Erschütterung den vom Besucher selbst gewählten Rundgang durch die ausschließlich auf dem Datenträger vorhandene Ausstellung. Konkret: Die Erschütterung brachte den Benutzer-Betrachter von seinem Weg ab, er mußte sich neu orientieren und den Rundgang von einem ihm durch einen Zufallsgenerator zugewiesenen Raum aus fortsetzen. Die „Sphären der Kunst“ sind mit einem bestimmten realen Ort (oder x-beliebigen anderen Orten) ebenso verknüpft wie mit dem virtuellen Raum. Wenn am realen Ort die Ausstellung stattfindet und das Ausstellungsgebäude zur Hülle mutiert, aus der die Kunst wie eine Larve eben entschlüpft zu sein scheint, dann zieht dies zweierlei Konsequenzen nach sich: zum einen die Verweigerung des festgeschriebenen Ortes der Kunst, da er als Präsentationsraum von Kunstprodukten in einer vernetzten Informationsgesellschaft obsolet geworden ist und dadurch seine Funktion als Brainwork-Station nur mehr marginal – oder bestenfalls systemimmanent – erfüllt, zum anderen die Tatsache, daß aus dieser wiederholt vorgetragenen und konsequent veranschaulichten Hypothese nur dann ihre gesellschaftlich wirksame und daher auf dieser Ebene referentiell einsichtige Schlußfolgerung gezogen werden kann, wenn der materielle und der immaterielle Habitus von Erscheinungsweisen im Sozialkontext künstlerischer Argumentation unmittelbar aufeinanderstoßen.
Der Verschluß des ausgewiesenen Ausstellungsortes reduziert sich nicht auf eine konzeptuelle Entscheidung, er ist integrierender Bestandteil einer Raumverlagerung, die als solche nur im Nebeneinander der prinzipiell verschiedenen Raumtypen zu veranschaulichen ist; unter der Voraussetzung, daß eine solche Veranschaulichung zu den Intentionen zählt. Zudem erfolgt das explizite und decodierfähige Einloggen in den Kunstort mit dem Hintergrund, ihn in seinen Grundfesten zu erschüttern. Der mehr als zwei Jahrhunderte alte kultur- und kunstgeschichtliche Speicher steht in realer wie in modellhafter Form zur Diskussion. Seine architektonische und materielle Beschaffenheit kann sowohl als visuelles als auch als Steuerungssignal empfangen werden. Es handelt sich um ein Gesamtkunstwerk des globalen gesellschaftlichen Raumes, in dem die Bindung an den realen Ort durch ein seismographisches und reproduzierendes Instrumentarium (Sensor, Videokamera), die Bindung an den virtuellen Ort durch die neuen in Gebrauch befindlichen Speicherformen (CD-ROM) erfolgt. In der transitorischen Station (dem Zelt) stellen sich aus den Bindungen Verbindungen her. Das Netzwerk hat sich seiner Selbstreferentialität entledigt, die Sphären der Kunst sind nicht mehr nur eine Entscheidungsform zwischen analogen und digitalen Produktionsmechanismen.
Der Wettbewerb Kunst erscheint von dieser Positionierung aus unter den Bedingungen gestaffelter Klassen und unterschiedlicher Kategorien zwar praktizierbar, aber in seiner gesellschaftlichen Bedeutung irrelevant. Auf dem Erkennen und der Darstellung grundsätzlich divergierender Systeme und auf deren nicht auf den technischen Standard reduzierten Kompatibilität, mit der Folgewirkung des Aufzeigens eines Traditions- und Gegenwartspotentials, gründen die medialen und telematischen Innovationen, von Kriesche hier als Sphären der Kunst markiert. Im globalen Informations- und Beobachtungsraum droht sie (die Kunst) – folgt man diesen Überlegungen – als art(e)fact zu verschwinden oder sie bleibt uns dann als sichtbares Pixel erhalten, wenn sie ihre Funktion als spezifisch formatierter Datenträger einnimmt. Die Einschränkung, sie habe dann nur in Dateien oder auf Festplatten Platz, wurde von Kriesche mit der Aktivierung des soziokulturellen Umraums mehrfach widerlegt.
Einen aus einem bestimmten Segment exakt ausdifferenzierten Zugang zum White Cube öffnen jene KünstlerInnen, die 1994 von Thomas Wulffen versuchsweise als BearbeiterInnen des „Betriebssystems Kunst“6Thomas Wulffen, Betriebssystem Kunst. Eine Retrospektive. In: Kunstforum International, Bd. 125, Januar/Februar 1994, S. 52 ff zusammengefaßt wurden. Michael Asher, Andrea Fraser, Heimo Zobernig oder Gerwald Rockenschaub haben beispielsweise die durch den White Cube repräsentierten Institutionen in den Mittelpunkt ihrer inhaltlichen Überlegungen gerückt und daraus unterschiedliche Schwerpunkte und formale Strategien entwickelt.
Mit ihren Eingriffen in bestehende Räume handelt es sich, bei Asher beginnend über gut zwei Jahrzehnte, um Beispiele einer „site specific art“, die in einem ausgeprägten Maßstab die Frage nach der Ortlosigkeit des weißen Galerieraumes stellen und in einem geschlossenen Kreis zu beantworten versuchen. Die hermetische Komponente dieses Ansatzes beinhaltet den deutlichen Vorteil des Scharfstellens auf die traditionelle Heimat der Kunst und markiert – als wesentliche Grundlage für den heutigen Diskurs über Räume und Raumsegmente – nicht die Kunst, sondern den Kunstraum als ausgeprägtes, mit genauen Regeln versehenes System und macht diesen unter den zahlreichen anderen gesellschaftlichen Systemen sichtbar. Wenn Asher eine Galeriewand, die den Ausstellungs- vom Bürobereich trennte, entfernt (Claire Copley Gallery, 1974) oder 20 Jahre später die Leitungssysteme der Berner Kunsthalle freilegt (1992) und durch die gesamte Abfolge von Ausstellungsräumen weiterzieht, dann wird durch die Dekonstruktion die Konstruktion des „Betriebssystems“ einsehbar, werden das Verwaltungssegment oder die technischen Elemente zum Ausstellungsgegenstand.
Auch Zobernig und Rockenschaub arbeiten vorwiegend mit architektonischen Eingriffen und siedeln ihre nach außen hin minimalistischen oder konstruktivistischen Skulpturen an der Schnittstelle von Raumveränderung und Institutionsanalyse an. Die dafür eingesetzten Elemente können als Verschalungen, architektonische oder funktionelle Einbauten, als Gebrauchsobjekte wie Bücherstellage, Kassenpult, Bestuhlung etc. auftreten. Sie werden am Rahmen der normativen Ästhetik des Kunstraumes, seiner alltäglichen Bedingungen und seiner gesellschaftlichen Bedeutung aufgespannt. Vordergründig scheint es so, als ob die Bühne für die eigentliche (die Ware?) Kunst damit frei geworden sei und der Akt des Ausstellens nach den Interventions- und „Aufräumungs“-Arbeiten nun beginnen könne. Die Kunst aber ist die Reflexion über Kunst und ihre institutionellen Bedingungen und die Aus-Zeichnung eines Ortes im immer wieder als ortlos bezeichneten weißen Kubus. Warum dieser nicht nur in der Architekturdiskussion, sondern auch im Kunstdiskurs seit mehr als drei Jahrzehnten immer wieder in einen heiß umkämpften, von ästhetischen und ideologischen Argumenten gespeisten Mittelpunkt rückt, kann in erster Linie aus seiner Repräsentationsqualität erklärt werden. 7Der Pilger verläßt Haus und Herd, um das Kunstwerk zu sehen. Er tritt vor den Gegenstand in Museen, in Kathedralen, in den Villen der Reichen und verleiht dem Original wieder jenen Status des Auratischen, der in der Moderne ein wenig abhanden gekommen war. Wolfgang Zinggl, Kurzer Blick zurück zum reinen Raum, In: Kunstforum International, Bd. 125, Januar/Februar 1994, S. 59Die Tradition, auf den White Cube einen nach außen hin schalldichten Raum zu projizieren, der seine jeweilige Bestückung frei von jeglichen referentiellen Phänomenen erhält, wurde in der Praxis lange genug einzementiert. Ungenaue, nicht in allen Fällen schlecht gemeinte Argumentationen für Versuche, der Kunst einen „Frei-Raum“ zu garantieren, haben dazu geführt, daß dieses gesellschaftliche Raumsegment mehrfach obsolet geworden ist: als Hort der Imagepflege einer intellektuellen Minderheit, von Geldgier bestimmter Vermarktungsstrategien, eines auratischen Kunstbegriffes, mehr oder weniger beliebiger, selbstgefälliger Sandkastenspiele.
Andrea Fraser versuchte vor diesem Hintergrund am intensivsten, bei einer Arbeit im Kunstverein München einen Dialog mit den Verwaltern und Benützern des Kunstraumes aufzubauen. Für das Projekt „Eine Gesellschaft des Geschmacks“ (1993) interviewte sie die neun Vorstandsmitglieder des Vereins, installierte die Audiotapes am Ausstellungsort, zusammen mit einigen Exponaten aus den privaten Sammlungen der Vorstandsmitglieder. Für die EA-Generali-Foundation in Wien (1995) fokussierte sie die Gesprächsebene auf die Belegschaft des Hauses, der die künstlerischen Aktivitäten der Stiftung (inklusive der Sammlung) per Statut verpflichtet sind und stellte aus den normalerweise sich in den einzelnen Büros befindlichen Kunstwerken eine Ausstellung zusammen.
Haben die KünstlerInnen, die am „Betriebssystem Kunst“ gearbeitet haben, zu einer weiteren Ästhetisierung des Kunstraumes wie des Kunstbetriebes beigetragen? Ist es ihnen gelungen, mit ihrer Institutionsanalyse die Ambivalenz des White Cube aufzuzeigen und die nackten Rahmenbedingungen endgültig bloßzulegen und in ein reflexives Bewußtsein einzuschreiben? Bis zu Yves Klein und Arman zurück, die 1958 bzw. 1960 im Galerieraum Iris Clert in Paris „Die Leere“ und „Die Fülle“ thematisierten, – die Besucher also erstmals mit der Bedeutung des Raumes, in dem Kunst präsentiert wird, konfrontierten – sind kaum Antworten auf diese nach wie vor aktuellen Fragen zu finden. Neubauten von Museen boomen ebenso, wie Großausstellungen mit einem in weiten Teilen der Bevölkerung zu verankernden gesicherten Kunstbegriff ihre vorausberechneten Besuchermassen finden. Geht der Konflikt um die Unauflösbarkeit der inhaltlichen Raumdiskussion so weit, daß Künstler, die den White Cube benützen, automatisch „Repräsentationskünstler“ sind, daß sie im auratischen Ort nur den Gestus politisch oder sozial motivierter Zeichensetzung repräsentieren, ohne auf zwingende gesellschaftliche Resonanz außer auf die der in den Kunstraum „Eingeweihten“ zu stoßen?
Der White Cube wird neben dem Stadt-, Architektur- und Medienraum so lange der Präsentationsraum für Kunst bleiben bis ihn andere Darstellungsmodelle, vielleicht das Netz, vielleicht der Cyberspace oder vielleicht auch andere noch unbekannte, ersetzt haben. Das aus der tradierten inhaltlichen Benutzungsqualität auch auf die formale Komponente des Würfels übertragene Unbehagen kann dann vermieden werden, wenn in mehr Versuchen und Beispielen als bisher seine Umfunktionierung zum Labor oder zur working station erfolgt. Aus einigen in dieser Richtung bereits funktionierenden Modellen sei eines exemplarisch herausgegriffen. Für den „steirischen herbst“ – das jährlich in Graz stattfindende internationale Avantgardefestival – wurde das Projekt KUNST HEIMAT KUNST von 1992 – 1994 konzipiert. Die zentrale interkulturelle Komponente hatte Rückwirkungen auf die Präsentationsform und die Orte der künstlerischen Handlungen. Eine Reihe von Interventionen, bei denen das Ambiente Kunstheimat sich in einen Katalysator für ästhetische Denk- und Handlungsform verwandelt, wurden von Graz aus gebündelt und später als Zwischenbericht bzw. als installative Schlußdokumentation nach Graz eingespielt.
In den White Cube importierte Werke europäischer und/oder außereuropäischer, kolonialer und/oder postkolonialer Herkunft unterwanderten die Idee der Großausstellung, indem das Ganze in viele kleine, flexible und selbständige Teile zerlegt wurde. Die verschiedenen, in Baden (Schweiz), Antwerpen, Berlin, Korsika, Potsdam, Ljubljana, St. Petersburg, Jöss (Österreich), Tokio, Kapstadt / Grahamstown und Graz entwickelten Einzelprojekte waren als überschaubare und miteinander vernetzte Einheiten konzipiert. KUNST HEIMAT KUNST ging von der Zeitdiagnose aus, daß wir uns in einer Epoche des Raums, des Simultanen, des Nahen und Fernen, des Nebeneinander und Auseinander befinden. Graz entwickelte sich dabei zum Energieträger und zum Ort der Verdichtung eines interkulturellen Netzwerks, zu einem Relais, also einer Schaltstelle mit input und output. Der „sakrale“ Raum des Künstlerhauses wurde schließlich – anläßlich der Abschlußveranstaltung – in ein Haus mit unterschiedlich dimensionierten Wohneinheiten verwandelt. Für die Künstler stellte sich als zusätzliche und von Anfang an in die Idee integrierte Aufgabe, ihr Projekt, nicht das tatsächliche Produkt an den Punkten des Ortsnetzes, am Konzeptionsort zu veranschaulichen und in adäquater Form zu übersetzen.
So ergab sich für Graz ein komplett unorthodoxer „Ausstellungsmodus“: Nicht das Original wurde, als Kunstgut verladen und damit den wesentlichen Ansatz der Dislokation aufhebend, in das Künstlerhaus gebracht, sondern es waren quasi Instrumente (in Form von verweisenden Objekten oder Installationen) präsent, mit deren Hilfe sich die künstlerischen Ansätze und Konzepte erschließen ließen. Im selbständigen oder durch Diskussion, durch erweiterte Informationsveranstaltungen unterstützten Nachvollzug konnten Gestalt und Dimensionen der konkreten Realisationen nachgezeichnet werden. Diese Re-Produktionen ersetzen die üblichen kunstimmanenten Systeme der Aneignung von Ereignissen oder konkreten Produktionen und Produkten. Sie repräsentieren zunächst, verändern aber dann mittels gezielter Eingriffe die Regelmechanismen der Mehrzahl von Kunstevents, die meist nur über Bild und Text konsumierbar werden. Der Komplexität des Themas ist eine mehrstufige Rezeption zugeordnet, für die die Künstler weitere Spuren, über die tatsächliche einmalige Realisation bzw. deren oft als entscheidend bewertete Dokumentation hinaus, auslegen.
Einige der Möglichkeiten, die Durchlässigkeit des White Cube und das im weißen Raum nutzbare osmotische Prinzip8vgl. Brian O’Doherty, op.cit., S. 88 f sichtbar zu machen und darzustellen, wurden bei KUNST HEIMAT KUNST entscheidend genutzt. Das Projekt siedelte sich nicht im Datennetz, nicht an anderen der Kommunikation dienenden Nicht-Kunst-Orten an, sondern baute vor dem Hintergrund des real existierenden „globalen Dorfes“9Herbert Marshall McLuhan, The Global Village: der Weg der Mediengesellschaft in das 21. Jahrhundert. Paderborn, Jufermann, 1995 ausschnitthaft ein neues Netz mit konkreten Handlungsstrukturen, Objekten und deren Transfer von einem Ort zum anderen auf. Der Kunstraum als reale Hülle war der Netzknoten und seiner Funktion, Ideen zu bündeln und Prozesse ihren Niederschlag finden zu lassen, durchaus gewachsen.
Elektronischer Raum
Neben und nach der Fotografie haben Radio, Fernsehen und Video das mediale Zeitalter eingeläutet. Soziologische sowie medienwissenschaftliche und medien-philosophische Untersuchungen rücken sowohl im retrospektiven als auch auf die Gegenwart bezogenen Blick weniger das maschinelle als das funktionale Instrumentarium und seine rezeptionellen Bedingungen in den Mittelpunkt der Fragen an die neu konstituierten Räume. Die Datenverarbeitungsmaschinerien, Folge- und „Abfallprodukt“ militärischer Forschungen, haben die bisherigen Lebensräume des Menschen um eine bis dato nur auf Science-Fiction-Ebene bekannte Art und Weise erweitert und bis an / über die Grenze des Begreifbaren ausgedehnt und eine hoch spezialisierte Meta-Ebene des Kommentars, der Prognosen und der unterschiedlichen Analyse-Modelle formiert. Das rasche Anwachsen dieser Texte, deren Menge und Bedeutung im Vergleich zur technischen Entwicklung über einen längeren Zeitraum verschwindend klein geblieben sind, darf nicht verwundern, da jenseits künstlerischer Fragestellungen das enorme ästhetische und kommunikative Potential der Computer und Netzwerke, der Telematik und des Cyberspace erkannt werden mußte. Auf der einen Seite wurden via TV im allgemeinen und auf Demo-Datenträgern im speziellen neue standardisierte Formen der Repräsentation ausgebildet, auf der anderen Seite Zeit und Raum als subjektiver wie kollektiver Erlebnisfaktor aufgehoben bzw. vollkommen neu positioniert. Eingeführte Größen wie Zentrum und Peripherie waren lang vor den geo-politischen Umbrüchen außer Kraft gesetzt. Ob es eine „Ästhetik des Immateriellen“10Florian Rötzer, Technoimaginäres – Ende des Imaginären? IN. Kunstforum International, Bd. 97 November/Dezember 1988, S. 64 ff gibt und in welcher Weise sie wirksam und erlebbar wird, mußte schließlich auch die Kunstwissenschaft interessieren.11Erste zusammenfassende Untersuchungen fanden unter veränderten Voraussetzungen zu einem Zeitpunkt statt, als Nam June Paik aus der Vätergeneration schon auf eine beachtliche Anzahl von Video-Installationen zurückblicken und die Auswirkungen seines neuen künstlerischen Ansatzes beobachten konnte. Die Stoßrichtungen, in die die Neuen Medien vorangetrieben wurden, ließen sich leicht erkennen, da sie im wesentlichen in drei Bereiche liefen: zum einen in die maschinengestützte Generierung neuer Bildwelten, zum anderen in den Aufbau von Netzwerken und in die interaktive Kommunikation, zum dritten in die reflexive Positionierung des Betrachters innerhalb eines ebenso revolutionären wie beruflich und privat rasch gebrauchsfähigen, weltweit identisch strukturierten Raumsegments.
Da sich die reinen Bildproduktionen – wie etwa die Wiedergabe des Mandelbrot-Sets unter Intensivierung der Fraktale, Computergrafiken und Computeranimationen – rasch verbrauchten, sind die kommunikativen und rezeptiv-reflexiven Positionen die entscheidenden. Die mit großen Anstrengungen, erheblichem Aufwand, aber oft hohem Equipment-Defizit organisierten weltweiten Audio- und Videokonferenzen stellen sich heute als prototypische und genuine Vorläufer weitaus komplexerer Netzwerkkonfigurationen heraus, die sowohl im auditiven als auch im visuellen Bereich neue künstlerische Erfahrungs- und Gestaltungsmuster ausbild(et)en. In diesem Zusammenhang wird gern auf Sound-Installationen mit Ready-Made-Sampling und auf einen wichtigen medialen – und öffentlichen! – Präsentationsort, das Radio, vergessen. Ebenso erstaunlich wie erfreulich kann z.B. Österreich in diesem Bereich auf eine langjährige Tradition am Beispiel des „Kunst-Radio“ zurückblicken und ist damit seit mehr als 10 Jahren – initiiert von der Kunstkritikerin Heidi Grundmann – im internationalen Diskurs präsent. Diese Tatsache verdient deshalb besondere Aufmerksamkeit, da TV-Studios weltweit als Produktionsorte für Medienkunst so gut wie nicht in Erscheinung treten und daher auch als genuiner Ort nicht präsent sind. Ihre Rolle beschränkt sich auf die meist unzulängliche Dokumentation von Ausstellungen und weiteren künstlerischen Events, wobei die Reproduktion spezifischer medialer Projekte, die vorwiegend im White Cube ihre Heimstatt finden, dann daran scheitert, daß sich Bildschirme – sorry! – nicht „abfilmen“ lassen.
Das weitgehende Fehlen von Produktionsmöglichkeiten für Künstler an den Veröffentlichungsorten von elektronischen Bildern zeigt deutlich, daß der elektronische Raum innerhalb dieses kommerziellen und politischen Machtsystems von den reinen Bildproduktionsmechanismen besetzt ist. Hier werden im Sinne Flussers Daten (Gegebenheiten) und keine Fakten (künstlich Hergestelltes) produziert12Vilém Flusser, Medienkultur. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1997. Ob diese Produktionen von Technikern oder Künstlern gesteuert werden, ist letztendlich nicht so unerheblich, wie es zunächst den Anschein hat. Erfahrungswerte beim Einsatz der Computertechnologie in der Kunst beweisen, daß immer wieder das Orientierungsphänomen – also das Beziehen auf den Menschen und seine Erfahrungen im virtuellen Raum – eine zentrale Stellung einnimmt. Dies ist vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden technologischen Möglichkeiten nicht so ohne weiteres zu erwarten. Auf der einen Seite steht die enorme Versuchung der Apparaturen, auf der anderen Seite auch die Intention der Wissenschaft, Versuchsanordnungen zu neuesten Erkenntnissen und zu einer sich ständig erweiterten Entwicklungspalette zu schaffen.
Vergleichbar mit der stündlichen abenteuerlichen und lautstarken Demonstration der Kraft und Ableitung elektrischer Energie am Beispiel des Phänomens Faradayischer Käfig im analogen Raum der Technischen Museen kann jeder Entdeckungsschritt aus dem Menü der digitalen Realität vorgeführt werden. Wer stülpte sich nicht schon den Datenhelm über oder manövrierte nicht mit Datenhandschuhen durch die virtuelle Welt? Am Beispiel der Arbeit „The Legible City“ von Jeffrey Shaw, 1988–91, aber sehen wir schon, daß trotz des Einsatzes hochintelligenter Maschinen und Programme auch paradigmatisch über die erste, die vordergründige Bildebene hinaus das Erkunden mittels eines dreidimensionalen Stadtplans als Instrument zentrales Anliegen ist. Die Erkundungswege sind dabei potentiell vorhanden, können aber vom Benutzer der Installation individuell, nach seinen Bedürfnissen und Interessen, beschritten werden.
Oder: Konstanze Ruhm geht mit ihren immateriellen Text-Möbel-Objekten (True, False, Else, give the self a shelf, 1993) über das Faktum der virtuellen Design-Produktion dadurch entschieden hinaus, daß sie den Objekten – wie Shaw den Bauten – ihren sprachlichen Begriff zuordnet und somit einen neuerlichen Diskurs über Text und Bild anregt. Weit unmittelbarere Schnittstellen zwischen der Datenwelt der Computer und der menschlichen Erfahrungswelt können an der Künstlergruppe Knowbotic Research+cF – stellvertretend für vergleichbare künstlerische Ansätze – aufgezeigt werden. In ihrem Projekt „Anonymes Gemurmel“ (im „steirischen herbst 97“ in Graz vorgestellt) bedienen sie sich zum Beispiel der Methode der „Granulierung“ des Materials, das so in vielfältigen Zusammenhängen und auf vielfältige Weise in immer neue Aktualität übergeführt werden kann. Klangmaterial von verschiedenen DJ-Events wird in Echtzeit in eine Operationsschleife gespeist, in der dieses Material digital „granuliert“ wird, um dann von Internet-Benutzern, von Menschen in speziellen Zonen im Stadtraum und von verschiedenen Computeralgorithmen manipuliert und transformiert zu werden. Der Output ist sowohl im Stadtraum in einer Licht- und Klanginstallation als auch im Internet, durch RealAudio, unmittelbar zu erfahren, läßt sich aber nicht eindeutig auf die Eingriffe eines einzelnen „Operators“ zurückführen. Granulierung bedeutet hier nicht nur die digitale Herauslösung von Klangmaterial, um seine akustischen und visuellen Transformationspotentiale zu aktivieren, sie bedeutet auch die Entkoppelung der einzelnen Handlungen in einen überindividuellen Handlungsprozeß. Diese Art des kollektiven Bearbeitens, das nicht prinzipiell unterscheidet zwischen apparativen und menschlichen Eingriffen, weist auf eine maschinelle Ästhetik hin, die nicht in erster Linie um das Hinterlassen auktorialer Spuren13Andreas Broeckmann, Medienökologie und Ästhetik der Heterogenese. In: Netzkritik; Materialien zur Internet-Debatte. Berlin: Ed. ID-Archiv ,1997, S. 1994. besorgt ist.
In diesem Modus wird deutlich, welches Potential der künstlerischen Intervention im digitalen Raum und im Netzwerk dieser Realität zur Verfügung steht, wenn es das Ziel ist, referentielle Bezugspunkte aufzusuchen. Sobald die Differenzierungsstrategie zum Einsatz kommt, wird die scheinbare Ununterscheidbarkeit zwischen technischer Erfindung und künstlerischer Recherche, die sich mit diesen Erfindungen auseinandersetzt, wird der Anspruch der Kunst als definitorisch ausdifferenziertes System im Gegenüber zum großen technologischen Benutzungssystem, das in seiner standardisierten Form in die Persönlichkeitssphäre des einzelnen Eingang gefunden hat, aufrecht zu halten sein. Die künstlerische Handlung wird sich deshalb nicht im genormten kommerziellen Netz der Server und deren Betreiber auflösen und gegenüber der professionellen Software der ständig erneuerten Apparate nachhinken, weil die Kunst Orientierungsaufgaben, synergetische Modi innerhalb der alltäglichen hochqualifizierten Handlungsstrukturen übernommen hat. So kann die Kluft zwischen den technischen Wirklichkeiten und den Alltagswirklichkeiten insofern überbrückt werden, als das Bezugsfeld über den beruflichen oder privaten Anwendungsbereich hinaus vergrößert wird. In einem Rahmen, in dem sich der Benutzer des Systems mit seinen Bedürfnissen und Fragen wiederfindet, kann er – z.B. auch durch Irritationen der immer perfekteren zielgerichteten Programm- und Illustrationstechnologien – zu neuen Rezeptionsverhalten angeleitet werden. Übrigens eine Entwicklung und ein Status, den Florian Rötzer mit teils anderen Schlußfolgerungen unter dem Titel „Technoimaginäres – Ende des Imaginären?“ 1988 angedacht hat.14Florian Rötzer, op. cit.
Der politische Raum
Der politische Raum ist nicht erst im 20.Jahrhundert ein Territorium, in dem sich künstlerische Gestaltungen, als Auftragsarbeit, als „neutrale“ Bestandsaufnahmen oder als kritisches Stellungbeziehen, angesiedelt haben. Für diese Beiträge gilt per se, in welcher Weise sie eine kontextuelle Sprachform ausbilden, da sie sich in jeder Form auf ein Gegenüber von Fakten, Strukturen, auf eine Bestätigung, ein In-Frage-Stellen oder einen kritischen Kommentar beziehen müssen. Häufig steht auch von Anfang an die Positionierung als site specific work zur Diskussion. Der Begriff des site specific scheint, in diesem Fall notwendigerweise, auf zwei Ebenen auszuloten zu sein: auf der Ebene des realen Ortes und auf der des Inhalts, der die künstlerische Zeichensetzung in vergleichbarer Weise an ein konkretes Realitätsgebäude bindet. Für die Arbeit im politischen Raum ist die Wahl des Präsentationspunktes innerhalb des vorgegebenen und möglichen, bis hin zu einem zu erweiternden Koordinatensystem nicht unerheblich: im, um die beiden geläufigsten Positionen zu nennen, politisch-öffentlichen Raum oder im White Cube. Der Kunstraum wird in diesem Bereich nicht selten als Ort, an dem nur eine „Salon“-Version möglich ist, apostrophiert. Geht man möglichen Ursachen für diese Rezeptionsform nach, dann stößt man hier besonders auf einige dem Kunstwerk generell zugeordnete, in anderen Bereichen seltener kritisch hinterfragte Merkmale. Einen der zentralen Diskussionspunkte in diesem Zusammenhang bildet das strukturanalytische Phänomen, was – also welche Elemente – im künstlerischen Objekt, das sich hier in verstärktem Ausmaß auf den Gebrauch der Elemente Emblem, Symbol oder Kunst als Text fokussiert, als ästhetisches Erlebnis „selbstwirksam“ ist oder erst durch einen in Gang gesetzten Kommentar zum Ausdruck kommt. Nicht nur dadurch, daß eine Kunst im politischen Raum unter unterschiedlichen, aber doch mehr oder weniger genau definierten Prämissen steht – Auftragskunst, Zeichen/Denkmal, objektive Recherche oder kritische Bestandsaufnahme bzw. leidenschaftliche Aufdeckung von Fakten – wird sie in einem weiteren Umfeld rezipiert als „Kunst als Kunst“. Vor allem die Annahme, daß es sich bei künstlerischen Zeichensetzungen auf dieser Ebene um einen an den „common sense“ geknüpften Vorgang handelt, verstärkt das Potential der Auseinandersetzung merklich und spaltet die Erwartungshaltung im wesentlichen in zwei Lager: grob gesprochen in eines, das sich Engagement und Aufklärung erwartet und in das andere, das die Konnotationen und die mögliche Aufbereitung neuer, bisher nicht in dieser Richtung gelesener Assoziationsfelder der erstgenannten, nicht selten als „Agitprop“ klassifizierten Methode vorzieht.15Eine Diskussion auf der Whitney-Biennale 1993 und die Publikation von Pierre Bourdieu, Hans Haacke, Freier Austausch. Für die Unabhängigkeit der Phantasie und des Denkens. Frankfurt am Main: Fischer, 1995 können zwei unterschiedliche Standpunkte zur „Beschaffenheit“ politischer Kunst repräsentieren.
Ähnliche Beobachtungen lassen sich für die gesellschaftspolitischen und sozialen Räume machen, in denen das Verschwinden des Kunstwerks, in seiner Definition als materielles und ästhetisches Gebilde, zu einer weiteren Irritation Anlaß gibt. Sowohl weiter zurückliegende Traditionen als auch gegenwärtige Praktiken, wie zum Beispiel Wolfgang Zinggls „9WochenKlausur“ im „steirischer herbst 96“ oder das Projekt „Abseits vom Netz“ von Veronika Dreier und Erwin Posarnig, Graz 1997/98, negieren noch immer eingeforderte, scheinbare Notwendigkeiten des Kunstsystems, ein wie immer geartetes ästhetisches Produkt zu liefern. Unter diesen Vorzeichen entfällt bei manchen stringenten Projekten auch das „Relikt“, das für Kunst – bei einer noch so offenen Rezeptionshaltung – zu stehen hat. Die künstlerische Handlung integriert sich derart in das soziale System, daß sie nur mehr dort Spuren hinterläßt und in ihrer Faktizität beurteilt werden kann. Der Gestaltungsmodus ist in erster Linie über das Faktum des Systemwechsels zu analysieren und als „konkrete politische und künstlerische Intervention“ zu bezeichnen.
Hans Haacke hat in seinem Gespräch mit Pierre Bourdieu vehement die Funktionen (und damit den Kontext) der Kunst in Erinnerung gerufen. Ebenfalls ausgehend von dem im politischen Raum besonders sensibel registrierten Verhältnis zwischen Form und Inhalt erklärt er, daß es nicht angemessen sei, ausschließlich auf die eine oder andere Weise ein Kunstwerk zu verstehen und zu erfahren: „Die ‘Formen’ sprechen, und der ‘Inhalt’ ist in ‘Formen’ chiffriert. Das Ganze ist unweigerlich von Ideologie durchsetzt“.16Pierre Bourdieu, Hans Haacke, op. cit. Diese Ideologie ist für Haacke Bestandteil jedes Kunstwerks, ob aus der Vergangenheit, der Gegenwart, ob im Kunstraum oder im öffentlichen Raum, ob mit kunstimmanent ästhetischen oder „außer-künstlerischen“17Clement Greenberg, Die Essenz der Moderne. Dresden: Philo, 1997 Elementen versehen. Die Form jedes Kunstwerks sei ebenso politisch wie der Inhalt, da sie ebenso ein Protokoll der Zeit ausbilde und diese unter ihren jeweils spezifischen Determinanten stehe. Damit spricht Haacke generell die Politisierung gesellschaftlicher Strukturen und – da sie nur in dieses System eingebettet funktionieren und wahrgenommen werden kann – der Kunst im besonderen an und legt die Zurückweisung ganzer Ausstellungen von ihm sowie einzelner Beiträge als Beweis dafür vor (z.B. „Hippokratie“ in Münster im Rahmen der „Skulptur Projekte“ 1987, wo sich Haacke mit dem wirtschaftlichen und damit politischen Engagement von Mercedes in Südafrika am Beispiel der berüchtigten Militärfahrzeuge „Hippos“, übertragen auf die städtischen Mercedes-Linienbusse von Münster, auseinandersetzen wollte, von den Verkehrsbetrieben allerdings keine Erlaubnis dafür bekam).
Da in diesen Fällen für Haacke als Eingeladenem das Verbot ausgesprochen wurde, dürfen wir davon ausgehen, daß nicht „schlechte“ Kunst der Anlaß war. Die Botschaften und in manchen Fällen um nichts weniger die Form, in der sie transportiert wurden, berührten eine realpolitische Situation in einem so klaren und inhaltlich eindeutigen Ausmaß, daß eine Realisierung den politisch Verantwortlichen und in Folge den Veranstaltern, die von den politisch Verantwortlichen abhängig waren, nicht opportun erschien.
Haackes Strategien im politischen Raum verfolgen grundsätzlich zwei Richtungen: die eine, für einen bestimmten Ort historisch wie gegenwärtig gesellschaftspolitisch relevante Tatsachen auszurecherchieren und zu veröffentlichen. Diese Methode hat wichtige Arbeiten in Graz (Projekt „BEZUGSPUNKTE 38/88“, steirischer herbst 1988), in Berlin (Projekt „Die Endlichkeit der Freiheit“, 1990) und in München (Projekt „ARGUSAUGE“, 1991) bestimmt. Gerade an diesen Beispielen wird ersichtlich, welcher Stellenwert der Form innerhalb der Zeichensetzungen zukommt. So wurde in Graz an einem zentralen Platz der etwa 17 Meter hohe Obelisk, mit dem die Nationalsozialisten die dort aufgestellte Mariensäule ummantelt hatten, rekonstruiert. Obwohl aus historischen Abbildungen bekannt, war das In-Szene-Setzen einer ausgeprägten vergangenen Ästhetik ein enormes visuelles Schockerlebnis. Für die mittlere und jüngere Generation erstmals, für die ältere als „Auffrischung“ wurde die Dimension der von Siegesparolen bestimmten ästhetischen Inszenierung im Stadtraum bewußt. Mit einem geringfügigen Text-als-Kunst-Eingriff verwandelte Haacke das Siegesmal „Und ihr habt doch gesiegt“ (so auch der Titel der Arbeit) in ein unübersehbares Mahnmal: Eine Auflistung der „Besiegten in der Steiermark“ zierte das schwarze Tuch am Sockel des Monuments mit seiner bekrönenden Opferschale. Mit der temporären Präsenz eines die Nazi-Ideologie unmißverständlich transportierenden visuellen Zeichens ließen sich Verbindungen zu gegenwärtigen politischen Tendenzen an den Rändern der Demokratie herstellen. Nur von wenigen wurde die Kunst, von den meisten der Inhalt und seine Bedeutung über die rekonstruierte Inszenierung rezipiert. Die künstlerische Handlung auf der Funktionsebene löste die eigentliche unübersehbare Konfrontation aus (Sie eskalierte in einem Brandanschlag auf das Objekt, das mit der darunter verborgenen barocken Säule vollkommen zerstört wurde).
Die zweite Richtung wird durch das Aufdecken bisher nicht bekannter Tatsachen bestimmt. So hat Haacke in der John Weber Gallery in New York mit „Helmsboro Country“, 1990, die Verbindungen des Senators Jesse Helms, der gegen die „homosexuelle Pornographie“ von Robert Mapplethorpe ins Feld zog, zum Philip Morris-Konzern als Financier des Wahlkampfes des republikanischen Politikers und eines von im gegründeten Zentrums offengelegt und damit eine Welle des politischen Protests losgetreten. Die Form, an der diese Recherche veröffentlicht wurde, war eine 2 Meter lange und 1 Meter 20 breite Zigarettenschachtel, die in Farbe und Schrift einem Markenprodukt von Philip Morris ähnelte. Die Verschränkungen zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Politikern und Konzernen, die Werbestrategien der Großunternehmen, die sich dazu des Kulturbetriebes und der aktuellen Philosophie bedienen bilden das Netz, aus dem Haacke von Zeit zu Zeit Informationen im politischen Raum der Kunst veröffentlicht. 18 eine Beobachtung Haackes am Beispiel der Fondation Cartier und ihrer Ausstellungspolitik – bei „Vraiment Faux“ (1988) bildete nach seiner Meinung die Mona Lisa den Referenzpunkt für ein Spiel mit den Modebegriffen „Simulacrum“ und „Simulationismus“ mit dem Ziel, den Fälschungen von Luxusartikeln den Kampf anzusagen
Wie künstlerische Bewegungen in diesem Raum bis zur Bewegung und Aufhebung von Territorien sich ausdehnen können, soll, um einen weiteren Schwerpunkt innerhalb der zahlreichen bekannten Strategien zu setzen, am Beispiel der slowenischen Künstlergruppe IRWIN dokumentiert werden. Als Teil der Laibacher Bewegung NSK (Neue Slowenische Kunst) bedient sie sich wie die Musikgruppe „Laibach“ und das Theaterensemble „Scipio Nasice“ der Arbeitsmethode der Retrogarde. Darunter ist der Rückgriff auf jene Zeichen, Bilder, Symbole und auch Formen der Rhetorik zu verstehen, die im Rückblick zu standardisierten, auf politisch-historischer Ebene sinn- und identitätsstiftenden Merkmalen von Kultur, ihren Ideologien und Utopien geworden sind.
Nicht diesen von der Geschichte im Grunde verbrauchten Zeichen neue hinzuzufügen oder sie durch gegenwärtig relevante zu ersetzen, sieht IRWIN als Aufgabe an, sondern diese Zeichen aufzugreifen, an einem Ort zusammenzuführen, sie dadurch zu verdichten und sie über den Ansatz der „Über-Identifizierung“ (Slavoj Žižek, Vertreter der slowenischen Lacan-Schule) zum Orientierungsinstrument in der Gesellschaft auszubilden. An die Stelle des Überwindens oder des Abbaus dieser weitverzweigten, im visuellen Bereich exemplarisch konzentrierten Zeichensysteme setzt IRWIN in einer insistierenden Haltung auf die Bewußtmachung der Macht dieser Codes, die in der Rekonstruktion einer Analyse ihres verbindlichen und repräsentativen Charakters unterzogen werden können. Damit kann der Überbau eines jeden Staatsgebildes – in diesem Fall des jugoslawischen – fokussiert werden. IRWIN hat diese Strategie der „Über-Identifizierung“ mit der „herrschenden Ideologie“ vor allem deshalb konsequent praktiziert, da die Gruppe darin die einzige Chance sah, an die Form und an den Inhalt der Ideologie heranzukommen, ohne durch offene Kritik oder durch ironische Überzeichnung – die beide nur diese Wirkung nach sich ziehen würden – ins Leere zu laufen. Gerade in einem am Beginn der neunziger Jahre von politischen Kämpfen und den gewaltigen Anstrengungen nach einer Neuorientierung bestimmten Staat stellte sich die Frage, in welcher Weise die Künstler ihre Methode werden ändern müssen, wenn ein politischer Neubeginn zustande kommt. IRWIN reagierte mit der Einführung der Begriffe Zeit und Bewegung, um mit diesen Kategorien den Raum / das Territorium neu zu definieren.
NSK mutiert zum NSK-Staat im Sinne eines von den realen Gegebenheiten so weit wie möglich abstrahierten Körpers, dessen Grenzen sich in einem Zustand ständiger Bewegung befinden und dessen Territorium im Bewußtsein seiner „Bürger“ angesiedelt ist.19NSK confers the status of a state not upon territory but upon the mind, whose borders are in a state of flux, in accordance with the movements and changes of its symbolic and physical collective body. Eda Cufer & IRWIN, NSK State in Time. In: IRWIN, Zemljopis Vremena / Geography of Time / Geografia del Tempo, Ausstellungskatalog, Umag 1994 Zeit entsteht durch Bewegung, diese ist durch einen physischen Ortswechsel charakterisiert, wodurch ein Erfahrungsaustausch mit anderen geistigen Territorien ermöglicht wird. Sichtbare Zeichen dieses kompakten Gedankengebäudes sind Aktionen wie „NSK Embassy“ in Moskau oder eine einmonatige Busreise des NSK-Staates durch die USA. Dieser Begriff einer „Transnacionala“, der erstmals im Rahmen von „KUNST HEIMAT KUNST“ in Ljubljana und Graz 1992/1994 realisiert worden war, verschafft sich auch in der Installation des Reisepaß-Büros Geltung. Jeder, unabhängig von seiner Nationalität, kann Bürger des NSK-Staates werden, der keine Grenzen kennt. 20An autonomous NSK territory can be defined; a territory capable of moving, not confined by geographical, national and cultural borders; a territory realizing its own national space. Miran Mohar, IRWIN, op.cit.
Der öffentliche Raum
Für den öffentlichen Raum erfolgte nach der Land Art und einigen „Kunst-auf-die Straße-Bewegungen“ in den frühen siebziger Jahren – in unmittelbarem Zusammenhang damit die ökonomischen und städtebaulichen Veränderungen, die Errichtung von Fußgängerzonen und die Entwicklung einer ausgeprägten Stadtmöblierung – ein neuer kritischer Ansatz ab der Mitte der achtziger Jahre. Den KünstlerInnen wird vor allem bewußt, daß der urbane Raum nach wie vor ein, wenn auch in seiner Informationsdichte und -geschwindigkeit abnehmender, zentraler Kommunikationsort ist21Wer zuhause bleibt, hat Zutritt zu allen kulturellen (wohl auch politischen, Anm. des Verf.) Informationen, und wer das Haus verläßt, läuft Gefahr, Informationen zu versäumen. Vilém Flusser, Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum. In: Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum, Ausstellungskatalog, München: Walser&Wittenbrink, 1991, S .14 und dadurch wesentliche gesellschaftspolitische Strukturen widerspiegelt. Allein die im öffentlichen Raum ausgebreitete Zeichenfülle repräsentiert seine Bedeutung. Zwar haben die Logos und Texte der Wirtschaft jene der Politik weitgehend verdrängt und so diesen Raum auch visuell fast ausschließlich in den Besitz genommen. Die Erkennbarkeit der Systeme und ihr Einfluß auf die äußere Gestalt urbaner Zentren und Peripherien läßt sich in einem Ausmaß erkennen, daß auch hier die Fiktion eines künstlerischen Freiraums – wie sie sich vielleicht noch an den unmotivierten abstrakten Skulpturen auf verkehrsberuhigten Plätzen niederschlägt – nicht länger aufrecht zu erhalten ist. Die Schaffung und die Verarbeitung des Bewußtseins, einem von vielfältigen ästhetischen Mustern und Bedeutungen geprägten Raum gegenüberzutreten, also einem in Wahrheit außer mit Kunst mit den verschiedensten Emblemen und Objekten besetzten Raum, hat einen Wandel der künstlerischen Praxis bewirkt. Unter einigen möglichen Ansatzpunkten für künstlerisches Handeln im öffentlichen Raum erweist sich die Ausbildung einer streng kohärenten Sprachform, die ihren Wortschatz aus dem Umfeld der dort üblichen Kommunikation bezieht, als der wesentlichste. Von diesen Überlegungen ausgehend haben sich viele Intentionen, den öffentlichen Raum zu schmücken, als vergeblich und wenig zielführend erwiesen, da sie dem öffentlichen Design nur in wenigen Fällen paroli bieten konnten. Im Anschluß daran waren diese Affirmationen durch manche laute und bunte „Stör“-Elemente abgelöst worden, in denen eine Zeitlang die einzige Berechtigung von Kunst im öffentlichen Raum erkannt wurde.
In der Reihe anonymer, kaum sichtbarer Interventionen, die sich nur bei genauer Betrachtung als gestaltende oder irritierende Elemente referentieller Natur erwiesen, sind die „Einfügungen“ von Norbert Radermacher, der auf vier Telefonzellen die Buchstaben R, E, D, E montierte (Graz) oder in die Lehne von Ruhebänken kleine Uhren integrierte (Biel), besonders wichtig. Der Ort selbst – so erkannte man – ist für Form, Material und Inhalt bestimmend und programmiert sozusagen Eingriffe auf die eine oder andere Art und Weise vor. Während Jenny Holzer, Barbara Kruger oder Lawrence Weiner auf der Ebene von Schlagzeilen und Reklamen ihre Text-Botschaften ausformulierten, widmete sich Dennis Adams der standardisierten Möblierung bzw. einzelnen Elementen daraus.
Seine Bus-Shelters in verschiedenen Städten der USA und Europas waren funktionierende Objekte innerhalb des öffentlichen Verkehrs und entsprachen den Anforderungen, Schutz vor Wind und Regen zu bieten sowie während der Wartezeit Bild- und Textinformationen zu konsumieren. Anstelle der Werbebotschaften montierte Adams in die Light-Boxes ortsspezifisches, historisches Fotomaterial, das die Aufmerksamkeit auf politische Informationen abseits des offiziellen Repräsentationsgestus lenkte. Baustellenabsperrungen, die er aus ihrem Gebrauch isolierte und zu kleinen Denkmälern umformierte, fügte er in Genf (1988) die Verkehrszeichen „Achtung Baustelle“ hinzu und ersetzte das dafür übliche Bildsymbol durch Fotos (inklusive Nationalitätsangabe) einiger an verschiedenen Genfer Baustellen arbeitender – dadurch ihrer Anonymität enthobener – Personen.
Bei diesen Arbeits- und Gedankenansätzen fällt in erster Linie der Umstand ins Gewicht, daß das Kunstwerk sich nun nicht mehr auf die architektonische Proportion eines Raumes oder einer Freifläche bezieht, um diese in ihrer ästhetischen Belanglosigkeit aufzuwerten oder nicht vorhandene Blickkontakte zu installieren. Kunst dient nicht der Korrektur von städtebaulichen Problemzonen. Die Zentrierung auf inhaltliche und funktionale Strukturen belebt die Ausbildung einer neuen Grammatik, die in vielen Fällen, oberflächlich betrachtet und nach traditionellen Parametern konstatiert, das „Tabu“ eines scheinbar unverrückbaren Grenzwertes zwischen Kunst und Alltagsästhetik bricht.
Daraus folgt für uns, über einen neuen Werkcharakter der Kunst nachzudeken. Vielleicht läge dazu ein Ansatz in dem von Michel Foucault geprägten Bergriff der Hetertopnien: keine Plazierungen ohne wirklichen Ort, wie ihr Gegenpol, die Utopien, in im wesentlichen unwirklichen Räumen angesiedelt sind. Es sind vielmehr die wirksamen Orte, die jede Kultur aufweist, ohne daß damit schon reale Orte markiert wären. Doch sind diese „wirksamen Orte“mit einer formalen Gestaltung ausgestattet, die ihre unmißverständliche Eigenheit bestätigt udn diese nach außßen kehrt.22 Vgl. Michel Foucault, Andere Räume. In: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik, Leipzig, Reclam. 1990, S.34–46). Wenn wir die Wirksamkeit der Orte, nicht nur der realen Plätze, als praktikable Definition, als Orientierungshilfe, annehmen, dann müßte jede Kunst, die sich damit auseinandersetzt und nach Mondrians Definition im Gegensatz zur Architektur, die man als „praktischen“ oder „sozialen“ Wert betrachtet, nicht nur „lyrisch“ oder „phantasievoll“, also eine „Verannehmlichung des Lebens“ ist, dann müßte jede Kunst ein ortsspezifisches Vokabular entwickeln und im weitesten Sinn räumlich konzipiert sein, denn: Die Skulptur und die Architektur vernichteten bis jetzt den Raum als ‘Raum’.23Vgl. Werner Fenz, Grenzwerte ästhetischer Wahrnehmungsstrukturen. Vortragsmanuskript für die Montagsvorlesungen des Kunstraum Wien, 1995 „Die neue Skulptur und Architektur vernichten das Kunstwerk, insofern es Objekt oder Ding ist.“24Piet Mondrian, Neue Gestaltung. München: A. Langen, 1925
Ein solches ortsspezifisches Vokabular meint aber nicht ein als eindimensional bezeichnetes Bezugssystem, das von mancher Seite bereits als Inflation einer Kunst im öffentlichen Raum geortet wurde. Es geht damit aber auch über den dynamischen Überschwang von Wolfgang Welschs Behauptung, eine Kunst im urbanen Raum könne sich nur dann Aufmerksamkeit verschaffen, wenn sie verstört, indem sie die ästhetische Perfektion der öffentlichen Zeichen unterwandert, ja geradezu aushöhlt, die Affirmation der Möblierungen entlarvt, wenn sie Widerstand gegen die grassierende Ästhetisierung des öffentlichen Raumes leistet und zum Ärgernis bereit ist, hinaus25Vgl. Wolfgang Welsch, Gegenwartskunst im öffentlichen Raum – Augenweide oder Ärgernis. In: Kunstforum International, Bd. 118, 1992, S. 318–320. Ein ortsspezifisches Vokabular konzentriert sich aufgrund der Erfahrungswerte überzeugender Beispiele auf Kohärenz. Kohärent vor allem im Hinblick auf das Konzept und die Pragmatik des Handelns, das heißt im besonderen auf die grundlegende Bezeichnung kultureller und politischer Orte, wie sie im öffentlichen Raum an fast jeder Ecke anzutreffen sind.
Schon die nach außen hin ohne Übersetzung erfolgten einzigartigen Dekonstruktionen eines Gordon Matta-Clark markierten den Wandel des Architekten zum Konzeptkünstler Matta-Clark. Auch wenn sein Instrumentarium für längere Zeit der Baukörper, die Architektur bildete, ist evident, daß sein Zugang ein künstlerischer war. Weil er in einer Weise räumlich gehandelt hat, die den Ort, dessen plastische Struktur als Codes, als Daten, wie wir heute sagen würden, wahrgenommen und als solche bearbeitet hat: Daten zwar einer grundsätzlichen, traditionellen Formensprache – direkt gelesen und ebenso verarbeitet – aber eben Daten. In ihnen ist nicht nur die Raumgröße, das umbaute Volumen, das extrem funktionelle oder extrem gestalterische Moment enthalten, sondern mit gleicher, wenn nicht sogar zugespitzter Informationsqualität, eine Begrifflichkeit durch Veranschaulichung. Ein heterotopes Handeln also, das nicht nur den Platz, das Objekt, die Häuserzeile, den Baukörper einschließt, sondern auch den Baustoff, den in Relation zum Gebauten gegenläufigen Arbeitsprozeß – das Ausbrechen des Baukörpers – als Verweis auf den Ursprung der vorangegangenen Handlungsweise: das Bauen.
Doch kehren wir vom direkten Handanlegen des Künstlers an die Architektur, für das sich gewiß noch weitere Beispiele finden ließen, zur allgemeineren Verschiebung jüngst vergangener und gegenwärtiger Parameter in der Kunst zurück: Zum Ort, zum öffentlichen Raum als jene, künstlerische Strategien und Methoden bestimmende, Projektionsflächen, als jene Markierungen von Bruchlinien und Signifikanten eines tiefgreifenden Wertewandels. Die Klammer, die einige wesentliche künstlerische Beispiele im öffentlichen Raumsegment verbindet, besteht in der Überzeugung, daß Kunst dieser Dimension nicht dazu da ist, Architektur im Innen- oder Außenraum aufzuwerten, noch, daß Architektur dazu da ist, für die Kunst im Innen- oder Außenraum eine „Behausung“ abzugeben.
Die folgenden Positionen sollen exemplarisch im Umfeld der bisher aufgestellten Theorien stehen. Michael Ashers „Caravan“ ist erstens. der, wenn auch nur temporären, Statik der Skulptur diametral entgegengesetzt. Sein Vehikel, das jeden Montag an einer anderen Stelle im Stadtraum Münsters (erstmals 1977) geparkt wurde, nimmt zweitens eine permanent unterschiedliche Zeichensetzung vor. Damit fokussiert diese Aktion sowohl generelle Orte als auch reale Plätze. Die Struktur und Bedeutung des Zeichens entstammt seiner Umgebung, in der es auftritt. Nicht ein Raum, sondern dieser Raum ist sein unabdingbares Gegenüber. Beim Bezugssystem handelt es sich nicht um ein gestalterisch formales, sondern um ein mehrfach, nicht künstlerisch, genutztes. Damit entzieht es sich immer wieder gebräuchlichen Beurteilungskriterien im Hinblick auf Raum-Kunst: tektonisch ausgebildet, raumgreifend, Platzachsen bestätigend oder neu akzentuierend, den Ball einer bestimmten Raumsituation aufgreifend und weiterspielend. Ashers Raum ist nicht der durch Kunst konterkarierte. Sein Raum ist der öffentliche Nutzungsraum, die Leerstelle, die als Abstellfläche dient. In jener Form, in jenem Ausmaß, wie es jedem anderen Vakuum hier und anderswo entspricht. So kehrt Asher auch die Typologie des Ortes, des Raumes heraus, in den er eine kleine, private Nutzungseinheit einstellt.
Raimund Kummer handelte im Gegensatz zu Richard Serra kompromißlos in situ. Und zwar im Sinne einer definitorischen Neubewertung des Begriffs. In den Zeiten von „Büro Berlin“ (1978–81) lackierte er vorgefundene T-Träger auf Baustellen – Relikte des Abbruchs oder Instrumente für Ausschachtarbeiten. Er be-zeichnete die Alltagsskulptur und zwar in jenem Ausmaß, daß diese vom Kamerastandpunkt aus vollständig lackiert aussah. Die Lackierung legte den Blickpunkt fest, die jeweilige Baustelle den Ausstellungsort. Elemente des Architektur-Instrumentariums werden zunächst durch die Isolierung, danach durch die Bemalung in den Status der Skulptur erhoben, vis-a-vis, oder besser, gebunden an den Ort fragmentarischer Architektur. Trotz der transitorischen Situation des Werkstoffes bildete dieser eine deklarierte – wenn auch zeitlich begrenzte – Konstante im dynamischen Baugeschehen. Die skulpturalen Raumachsen waren vorgegeben, sie redefinierten den Ort und differenzierten diesen nicht nach Richard Serras Methode aus. Die Wahrnehmung wurde nicht durch Sackgassen oder Labyrinthe, nicht durch die aus der Architektur übernommenen Krümmungen der Stahlbleche bestimmt. Kummers Raum war ein Un-Ort, eine nicht betretbare Baustelle;
Serras Räume spiegeln sich in den realen Ort, nicht in dessen Funktionsstruktur, sondern in seine Benutzerebene, ein. Serra greift aus den unterschiedlichen Systemen, die sich innerhalb einer Stadt überlagern, eines heraus: das des freien Raumes. Er zieht durch Aufstellen und Einstellen, in Material und Dimension zum Ort verschiedene, Zwischen-Räume ein. Raumteiler aus dem Vokabular der Kunst, im Speziellen der Skulptur.
Der Raum-Teiler von Kurt Buchwald, die „Schwarze Scheibe“ auf dem Marx-Engels-Forum in Berlin (1992), genau in der Achse zwischen Fernsehturm und dem Doppel-Denkmal gelegen, also zwischen zwei Repräsentationsobjekten von Macht, signalisiert allein schon durch die Beschreibung seines Stand-Ortes jene Systeme, auf die sich der Künstler innerhalb der vielen möglichen urbanen bezieht. Er agiert auf dem als politisch ausgewiesenen Forum der Stadt und greift diese Konnotationen nicht nur auf, sondern verstärkt sie noch.
Mit der überdimensionalen Blende – eine schwarze Scheibe aus Holz, mit einem runden Loch in der Mitte – führt er zudem die zwar nicht reale, aber gedachte Ebene des mechanischen Wahrnehmungsapparates in die Beobachtung des Raumes ein. Denn statt der Kamera wird der Betrachter selbst als „Benutzer“ des Objekts zu einer Art Kamera. In der Bewegung um dieses skulpturale Instrument herum muß er für sich erkunden, welches „Bild“ er festhalten will. Die Abdeckung der Stadtlandschaft, die die Scheibe hervorruft, läßt das Kurzzeit-Gedächtnis wirksam werden, denn der verdeckte Teil wird durch den Betrachter virtuell aus dem Gedächtnis rekonstruiert. Damit aber wird auch auf den unsichtbaren Teil einer Stadtlandschaft verwiesen, deren historische, soziologische und politische Konstanten diesen Teil der Wirklichkeit konstituieren. Im realen Aus- und im virtuellen Einblenden lenkt er unseren Blick durch diese „Wahrnehmungsstörung“ auf ein Zentrum: das der Inszenierung von Raum, in dem die Leerstelle durch eben diese Beschaffenheit mit Bedeutung aufgeladen ist.
Daß der öffentliche Raum ein politischer ist und sich daher mit diesen Projektionsflächen überlagert, wurde hinreichend unter Beweis gestellt. Auch wenn der Denkmalbegriff obsolet geworden ist, gibt es immer wieder Anlässe, Zeichen der Erinnerung zu setzen und diese Zeichen in eine gegenwärtig relevante Sprache zu übersetzen. Jochen und Esther Gerz haben dafür in ihrem „Mahnmal“ gegen Faschismus in Hamburg-Harburg (1986) ein gegenüber tradierten Formulierungen radikal verändertes Zeugnis abgelegt, indem sie die „Erinnerung auf Zeit“ proklamierten und das Objekt nach sieben Jahren – im Bleimantel des 12 Meter hohen Pfeilers auf vielfältige Art und Weise signiert von den vielen, die in dieser Zeit das Denkmal wahrnahmen – als unsichtbares Potential in der Erde verschwinden ließen. Das Konzept ihres (noch) nicht realisierten Projektes „Die Gänse vom Feliferhof“, geplant 1996 für die Schießstätte des österreichischen Bundesheeres am Stadtrand von Graz (Feliferhof), in Erinnerung an Hinrichtungen in der Nazi-Ära, läßt in radikaler Form das Denkmal im herkömmlichen Sinn vollkommen verschwinden, aktiviert es aber durch den permanenten Akt der Denkmalerrichtung. Vier Fahnen mit Text-Zeichen (Auf Mut steht der Tod – Verrat am Land wird dekoriert – Barbarei ist die Soldaten Braut – Soldaten so heißen wir auch) – die Texte würden jedes Jahr gemeinsam mit den „Benützern“ des Denkmals neu geschrieben – sollen vor Beginn der Übungen aufgezogen und nach Beendigung im Gepäck der Soldaten mit in ihre Unterkünfte genommen werden. Die Betroffenen selbst setzten sich immer wieder das Zeichen der Mahnung, das auf ihre eigene tägliche Profession ebenso Bezug nähme.
MANUSKRIPT Teil 1 ZU: 2000 minus 3 / Artspace plus interface, neue GAlerie, steirischer hebrst, Graz 1997, CD-Rom
ABBILDUNGEN: NEUE GALERIE GRAZ, STEIRISCHER HERBST
FOTOS: NEUE GALERIE GRAZ , STEIRISCHER HERBST, ARCHIV FENZ-KORTSCHAK
PUBLIKATION
MANUSKRIPT TEIL 2: 2000 MINUS 3 / ARTSPACE PLUS INTERFACE, NEUE GALERIE, STEIRISCHER HEBRST, GRAZ 1997, CD-ROM
↑1 | Dieser Beitrag wurde anlog zur CD-Rom nur mit Schwarz-Weiß-Fotos gestaltet. U. Fenz-Kortschak |
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↑2 | Mondrian hat unter anderem darauf hingewiesen, daß er eigentlich seine Bilder nicht mehr selbst malen müßte, da für ihn der Entwurf den entscheidenden künstlerischen Akt darstellte und daß die Kunst nur so lang notwendig bis die Gesellschaft eines Tages „harmonisiert“ sein werde. |
↑3 | Niklas Luhman, Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1995 , S. 217 |
↑4 | Brian O’Doherty, In der weißen Zelle / Inside the White Cube. Berlin: Merve, 1996 |
↑5 | vgl. Hans Belting, Das Werk im Kontext. In: Kunstgeschuchte. Eine Einführung, hg. v. H. Belting u.a., Berlin: Reimer, 1988 |
↑6 | Thomas Wulffen, Betriebssystem Kunst. Eine Retrospektive. In: Kunstforum International, Bd. 125, Januar/Februar 1994, S. 52 ff |
↑7 | Der Pilger verläßt Haus und Herd, um das Kunstwerk zu sehen. Er tritt vor den Gegenstand in Museen, in Kathedralen, in den Villen der Reichen und verleiht dem Original wieder jenen Status des Auratischen, der in der Moderne ein wenig abhanden gekommen war. Wolfgang Zinggl, Kurzer Blick zurück zum reinen Raum, In: Kunstforum International, Bd. 125, Januar/Februar 1994, S. 59 |
↑8 | vgl. Brian O’Doherty, op.cit., S. 88 f |
↑9 | Herbert Marshall McLuhan, The Global Village: der Weg der Mediengesellschaft in das 21. Jahrhundert. Paderborn, Jufermann, 1995 |
↑10 | Florian Rötzer, Technoimaginäres – Ende des Imaginären? IN. Kunstforum International, Bd. 97 November/Dezember 1988, S. 64 ff |
↑11 | Erste zusammenfassende Untersuchungen fanden unter veränderten Voraussetzungen zu einem Zeitpunkt statt, als Nam June Paik aus der Vätergeneration schon auf eine beachtliche Anzahl von Video-Installationen zurückblicken und die Auswirkungen seines neuen künstlerischen Ansatzes beobachten konnte. |
↑12 | Vilém Flusser, Medienkultur. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1997 |
↑13 | Andreas Broeckmann, Medienökologie und Ästhetik der Heterogenese. In: Netzkritik; Materialien zur Internet-Debatte. Berlin: Ed. ID-Archiv ,1997, S. 1994. |
↑14 | Florian Rötzer, op. cit. |
↑15 | Eine Diskussion auf der Whitney-Biennale 1993 und die Publikation von Pierre Bourdieu, Hans Haacke, Freier Austausch. Für die Unabhängigkeit der Phantasie und des Denkens. Frankfurt am Main: Fischer, 1995 können zwei unterschiedliche Standpunkte zur „Beschaffenheit“ politischer Kunst repräsentieren. |
↑16 | Pierre Bourdieu, Hans Haacke, op. cit. |
↑17 | Clement Greenberg, Die Essenz der Moderne. Dresden: Philo, 1997 |
↑18 | eine Beobachtung Haackes am Beispiel der Fondation Cartier und ihrer Ausstellungspolitik – bei „Vraiment Faux“ (1988) bildete nach seiner Meinung die Mona Lisa den Referenzpunkt für ein Spiel mit den Modebegriffen „Simulacrum“ und „Simulationismus“ mit dem Ziel, den Fälschungen von Luxusartikeln den Kampf anzusagen |
↑19 | NSK confers the status of a state not upon territory but upon the mind, whose borders are in a state of flux, in accordance with the movements and changes of its symbolic and physical collective body. Eda Cufer & IRWIN, NSK State in Time. In: IRWIN, Zemljopis Vremena / Geography of Time / Geografia del Tempo, Ausstellungskatalog, Umag 1994 |
↑20 | An autonomous NSK territory can be defined; a territory capable of moving, not confined by geographical, national and cultural borders; a territory realizing its own national space. Miran Mohar, IRWIN, op.cit. |
↑21 | Wer zuhause bleibt, hat Zutritt zu allen kulturellen (wohl auch politischen, Anm. des Verf.) Informationen, und wer das Haus verläßt, läuft Gefahr, Informationen zu versäumen. Vilém Flusser, Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum. In: Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum, Ausstellungskatalog, München: Walser&Wittenbrink, 1991, S .14 |
↑22 | Vgl. Michel Foucault, Andere Räume. In: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik, Leipzig, Reclam. 1990, S.34–46). |
↑23 | Vgl. Werner Fenz, Grenzwerte ästhetischer Wahrnehmungsstrukturen. Vortragsmanuskript für die Montagsvorlesungen des Kunstraum Wien, 1995 |
↑24 | Piet Mondrian, Neue Gestaltung. München: A. Langen, 1925 |
↑25 | Vgl. Wolfgang Welsch, Gegenwartskunst im öffentlichen Raum – Augenweide oder Ärgernis. In: Kunstforum International, Bd. 118, 1992, S. 318–320. |