ArgusAuge

ArgusAuge

28,15,0,50,1
600,600,0,0,5000,1000,25,2000
90,300,0,50,12,25,50,1,70,12,1,50,1,0,1,5000
ArgusAuge, München 1991
Silvie & Chèrif Defraoui, 35 Marmorplatten
Wikipedia Commons, Bundesarchiv Bild
Königsplatz, München 1937
München Glyptothek 1991
Marie-Jo Lafontaine, Wir haben die Kunst...
München Königsplatz 1991
Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste
München Meiserstraße/Arcisstraße 1991
Dennis Adams, Ehrentempel
München Propyläen, 1991
Hans Haacke, Die Fahne hoch
München Propyläen, 1991
Hans Haacke, Die Fahne hoch
München Königsplatz 1991
Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste
München Königsplatz 1991
Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste
München Meiserstraße/Arcisstraße 1991
Dennis Adams, Ehrentempel
München Propyläen, 1991
Hans Haacke, Die Fahne hoch
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IN SZENE GESETZT

Der Königsplatz und die Kunst im öffentlichen Raum

Dramaturgische Hinweise

Königsplatz, München 1937, Wikipedia Commons

Königsplatz, München 1937, Wikipedia Commons

Sechs Künstler/Künstlerinnen/Künstlerpaare aus Europa und den USA wurden eingeladen, den Königsplatz in München als Argumentationsforum zu benützen. Mit Zeichen einen Ort zu besetzen, der seine Gründung, seine Gestalt dem Nach-Außen-Transportieren einer subjektiv inneren wie objektiv staatspolitischen Idee verdankt. Bei der Vorgabe eines solchen Ambientes war es naheliegend, daß nicht nur die einmalige klassizistische Architekturkulisse als Referenz für die zu entwickelnde Arbeit herangezogen, sondern daß dieser Platz auch in seinen weiteren historischen wie ästhetischen Dimensionen begriffen werden würde. Den Königsplatz, von seiner Erbauung an bis zu seiner unterschiedlichen „Nutzung“ in den Zeitläufen, aus dem Blickwinkel der Gegenwart zu betrachten und in diesem Kontext spezielle Fragen sichtbar aufzuwerfen, bedeutete den Vorstoß in einen definierten öffentlichen Raum. Die unterschiedlichen Geschichtsebenen, namentlich die des Klassizismus und der Nazi-Zeit, waren als Auslösefaktor für die Markierungen in der Gegenwart unschwer vorauszusehen.

Natürlich nicht als systematische Aufarbeitung von Geschichte durch Kunst, sondern als exemplarischer Blick zurück mit dem Bewußtsein des Heute. Die Imagination und die ästhetisch-geistige Intervention sollten nicht abgepackt als vorgefertigte Qualitäten in den Ateliers der Künstler lagern, sondern das Resultat geistiger Kapazitäten sein, die aus einem ganz speziellen Kontext heraus freigesetzt werden. Damit war in diesem Fall, wie in anderen Fällen auch, die Notwendigkeit verbunden, Sprachformen zu entwickeln, die auch außerhalb des gewohnten Kunstraumes dialogfähig sind.

Für das Projekt am Königsplatz stellt die Vorgabe, fotografische Elemente zu verwenden, die Möglichkeit dar, einen Diskurs über die Authentizität, die Brechung und die Kreierung von Licht-Bildern in Gang zu setzen. Gleichzeitig bot sich die Chance, künstlerische Fotografie im wahrsten Sinn des Wortes in neuen Dimensionen zu erleben. Bei der Auswahl der Künstler war einerseits der Anspruch, mit Fotografie in neuer Weise umzugehen, ausschlaggebend, andererseits die bewußte und gezielte Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum. Das Interesse an einer Sprache, die auch „draußen“ wahrgenommen werden kann, formierte sich zum generellen Kriterium der Nominierung. Unterschiedliche Ansätze und Methoden der Fragestellungen, die das Terrain geistig vermessen können, waren für die endgültige Zusammensetzung der Teilnehmer bestimmend. Divergierende Positionen waren gefragt, um eine exemplarische Standortbestimmung zu erhalten. Über das künstlerische/fotografische Werk sollten neue Zusammenhänge auf der ästhetischen, der historischen und politischen Ebene sichtbar, durch den Blick der Künstler der Königsplatz zu einem gegenwärtigen Argumentationsforum werden.

Prolog: Sechzehn von Hundert

Marie-Jo Lafontaine, Wir haben die Kunst..., München Glyptothek 1991

Marie-Jo Lafontaine, Wir haben die Kunst…, München Glyptothek 1991

Schillerndes Pfauenauge oder wachsamer Blick – wir können uns entscheiden, welcher der „Aggregatzustände“ der 100 Augen des Argus uns lieber ist. Diese Lesart stellt allerdings eine Verharmlosung der in Ovids Metamorphosen vorhandenen Konsequenzen dar und tut nur so, als ob wir wählen könnten und nicht durch die Reihenfolge der Ereignisse ohnedies vor vollendete Tatsachen gestellt sind: Der Alles-Seher mutiert zum Gefieder-Schmuck. Sein Andenken, das ihm lo, die Bewachte, setzte, mag ehrend und ästhetisch überhöht sein, seine Profession war lästig und hinderlich. Es finden sich immer welche, die in opportunistischem Auftrag handeln. Hier war es zufällig!?) der sonst eher harmlose Merkur, der die Schmutzarbeit erledigte. Seiner List und Tücke verdanken wir eines der kunstvollsten Erscheinungsbilder der Natur: die Pfauenfedern. Unsere Realität zeichnet sich gegenüber der Mythologie durch Bescheidenheit aus: Sechzehn Augen lassen den Blick schweifen.

Erste Szene: Bild und Image

Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste, München Königsplatz 1991

Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste, München Königsplatz 1991

High-Tech-Firmen bauen sich um Millionenbeträge ein Image auf, die Automobilhersteller besitzen es seit Jahrzehnten; sogar der solide Mittelbetrieb läßt sich sein Image was kosten; manch eine Großstadt bemüht sich mit mehr oder weniger tauglichen Mitteln das ihr verpaßte loszuwerden; Politiker kämpfen gegen den Imageverlust. Wir machen uns Bilder und wir lassen uns Bilder machen. Spontan oder überlegt, unaufgefordert oder mit allen Vollmachten einer kostspieligen Analyse ausgestattet. Was dabei herauskommt, sind Spiegelbilder, Wunschbilder, ja auch Trugbilder.

Der Mensch heute denkt in Bildern: das mag einerseits mit den traditionellen Gewohnheiten des Ausmalens und dem Hang zum Kolorieren – Schönfärberei ebenso wie dramatisch-drastische Zuspitzung – zu tun haben, andererseits mit der neuen, vor allem von den elektronischen Informationsmedien geprägten Sicht auf die Wirklichkeit. Denn Bilder absorbieren die Wirklichkeit ebenso wie sie sie neu erschaffen. In jedem Fall schalten Bilder einen Filter zwischen Betrachter und Betrachtetem. Das gilt gleichermaßen für das tachistische Bild wie die Infrarot-Aufnahme, für den malerischen wie fotografischen Realismus. Selbst die sekundengenaue Gleichzeitigkeit unserer modernen und modernsten Bildmedien ist im Grunde mit den Ergebnissen der „Orientalisten“-Maler zu vergleichen: Die Darstellung der in gleißender Hitze Rast machenden Karawane ist ebenso wie die bildelektronische Reportage der Operation „Wüstensturm“ nicht a priori unter der Prämisse „So war es“, sondern unter jener „So habe ich es gesehen“ zu verstehen. Bilder liefern uns Schrecken, Behaglichkeit und abgepackte Zusammenhänge ins Zimmer, proklamieren zum Beispiel auch mit aller Überzeugungskraft und Verführungs-Kunst Power, Vertrauen, Lebensfreude zu leicht erreichbaren Bedingungen im Außenraum. Auf den Stellwänden unserer Städte, die sich vom Randbereich zur City drastisch verdichten, wird dann einerseits großflächig auskopiert, was die elektronischen Medien am Abend zuvor „dazwischen“laufen ließen oder andererseits vorgeführt, was zu unbedeutend war oder zu kostspielig gewesen wäre, um in die Kanäle eingespeist zu werden. Ins Bild gesetzt oder ins Licht gerückt wird da zumeist jener Informationsblock, der aus Bildern Image erzeugt.

Image ist das Produkt von Bildern, angereichert durch Haltung oder Wunschträume, also durch Sein oder Schein. Die Realitätserfahrungen und die Produktionen der Traumfabriken, mit reproduziertem und reproduzierbarem Material versorgt aus den Entwicklerwannen und Laufbildkassetten, basieren mehr und mehr auf ein und demselben Medium, dessen Qualitäten von un-beschreiblicher Eigenart sind. Das Gestalthafte und Materialisierte des Bildes sind in der Lage, unsere Aufmerksamkeit in einer Weise zu fokussieren, wie es einer anderen Informationsquelle einschließlich der Wirklichkeit nicht möglich ist. Es bedarf mehr als tausend Worte, vieler kecker oder schmeichelweicher Slogans, um einem präzisen Bildausschnitt einigermaßen das Wasser der Information zu reichen. Wir werden diese Bilder auch nie vergessen, wie „falsch“ oder wie „richtig“ sie auch sein mögen.

Zweite Szene: Das Image des Königsplatzes

Hans Haacke, Die Fahne hoch, München Propyläen, 1991

Hans Haacke, Die Fahne hoch, München Propyläen, 1991

Kann auch ein Platz sein Image besitzen? Zum Beispiel dieses: Postkastenblauer Himmel, Fünf-Uhr-Morgen-Leere- daher klassizistische Erhabenheit, die nicht von Fußgängern und Autos anno 1991 gestört wird? Oder Passage der Studenten, die sich an warmen Tagen auf den Stufen der Glyptothek zum Plaudern, Lesen, Sonnen niederlassen? Oder als“Objekt der Begierde“, nach dem sich aus buntlackierten Autobussen auf Kommando zirka 50 Halse recken?

Hier handelt es sich fraglos um Bilder, um Schnappschüsse, um anekdotische Bildgeschichten. Das Image eines Platzes, wenn er solches besitzt, weist letztlich keine andere Struktur auf als die oben beschriebene: Überlappungen vom Bild und seiner Bedeutung, von Sichtbarem und den Vorstellungen, den Erfahrungen und Erwartungen, die man daran zu knüpfen gelernt hat, spielen eine Rolle. So ist die Frage nicht zu stellen, ob das vor kurzem wieder hergestellte Grün der Rasenanlagen in das Bild, sondern ob es in das Image des Platzes paßt, der auch ein Aufmarschplatz des Nazi-Regimes gewesen ist. In die gleiche Richtung zielen jene Überlegungen, ob es nicht zu plakativ angesichts ihrer einschneidenden Bedeutung sei, einfach Gras über die Geschichte (sprich: die Fundamente der ehemaligen Ehrentempel wachsen zu lassen, und so die Raum-und Zeitdimension einer heroischen Architektur wieder zu verkürzen, Imagezuwachs und Imageverlust sind demnach nicht nur mit den Bildern selbst, sondern mit ihren Herstellern und deren Handlungen verknüpft. Etwaige Kratzer bleiben im Unterschied zum Bild nicht nur an der Oberfläche sichtbar, Retuschen sind aufwendig, weil motivationsabhängig.

Dritte Szene: Auf einem Dorfplatz – Live

Dennis Adams, Ehrentempel, München 1991

Dennis Adams, Ehrentempel, München 1991

Die Angaben des Bühnenbildes, die genauer sind als man vermuten mochte, bestimmen die Handlungsweise der Darsteller. Für die Kunst im öffentlichen Raum ist die traditionelle Guckkastenbühne der Galerien und anderer Kunstinstitutionen hinderlich, das bunte und laute Ambiente des durcheinandergewürfelten Zivilisationsgefüges, das die weißgetünchten Wände ersetzt, die entscheidende Herausforderung. Die Lösung eines in traditionellen Kategorisierungen angesiedelten Konfliktes vermag umso befriedigender zu gelingen, je intensiver der Bezug zum Handlungsraum des Dorfplatzes gesucht, und je weniger seine Kulisse als bloße Folie verstanden wird.1Ich denke da in erster Linie an die in Berlin gezeigte Ausstellung „Die Endlichkeit der Freiheit /Berlin 1990. Ein Ausstellungsprojekt in Ost und West“, die nach einer Idee von Rebecca Horn, Jannis Kounellis und Heiner Müller von Wulf Herzogenrath, Jochen Sartorius und Christoph Tannert realisiert wurde und an die Veranstaltung „Bezugspunkte 38/88“ in Graz, die 1988 im Auftrag des Festivals „steirischer herbst“ vom Verfasser konzipiert wurde. Zu beiden Ausstellungen erschien in der Edition Hentrich bzw. im „steirischen herbst“ ein ausführlicher Katalog. Auch wenn, wie Walter Grasskamp betont, trotz punktuell genauer Untersuchungen von einer kohärenten und genau umrissenen Theorie des öffentlichen Raumes als Sonderfall der Öffentlichkeit noch nicht die Rede sein kann,2Walter Grasskamp, Invasion aus dem Atelier, in: Unerwünschte Monumente. Moderne Kunst im Stadtraum, Silke Schreiber, München 1989, S. 162. zeigt die Ausstellungspraxis doch mit großer Deutlichkeit, welche Beziehungsgeflechte funktionieren und welche scheitern (müssen).3

Ein Scheitern ist dann zu konstatieren, wenn der öffentliche Raum als Folie zwar angerissen, seine besonderen Bedingungen des Gestaltungsauftrages als Folge eines deutlich veränderten Rezeptionsverhaltens aber nicht eingelöst werden. „Promenades“ in Genf (1985) z. B. stellte keinen anderen Anspruch, als eine Freilicht-Ausstellung zu sein. Der Begriff „Kunst im öffentlichen Raum“ sollte sorgfältiger als bisher verwendet werden, um Mißverständnisse und Unverbindlichkeiten zu vermeiden.
Das Aus-Stellen von künstlerischen Produkten aus den schützenden vier Wänden heraus auf den grün-weichen oder grau-harten Untergrund städtischer Nutzungs- oder „Erholungs“-Flächen allein entspricht, salopp ausgedrückt, nicht einmal dem berühmten Tapetenwechsel. Denn auch hier sucht das Individuum eine neue, eine andere Kontextualität, um zu sich selbst, oder in welchen anderen Bereich auch immer, zu finden. Kunst im öffentlichen Raum muß den fließenden, nichtsdestoweniger präzisen Übergang von der Invention zur Intervention nachvollziehen, um auf der Bühne unserer normativen bildlichen Alltagsreizungen bestehen zu können. Sie muß diese einzigartige Chance nutzen, ohne sich Chancen auf den Applaus der Nutzer ausrechnen zu dürfen. Vor allem deshalb, weil es einmal zu klären gilt, wer denn die Protagonisten auf dieser öffentlichen Bühne sind: Die, die sie tagtäglich benutzen oder jene, die ihre Anwesenheit in den Logos manifestieren und damit unmißverständlich ihr Revier markiert haben. Den Ameisen vegleichbar rennen wir die Plätze auf und ab, nur mit dem Unterschied, daß wir das gigantische, kunst(?)-volle Gebäude nicht selbst errichtet haben.

Über die wohlvorbereiteten Bilder und Zeichen finden wir zu den Ein- und Ausgängen, sparen uns vermeintliche Umwege und sind für einfach-funktionelle Lösungen dankbar. Für Störungen im Schnellbahn-Verkehr bringen wir Verständnis auf, vor allem seit uns die Betreiber eine Bestätigung darüber zur Vorlage ausstellen und uns dadurch von der Mühsal überzeugender Begründungen entlasten.4“Sollten Sie heute wegen einer Betriebsstörung Ihr Ziel nicht rechtzeitig erreichen, so bedauern wir dies. Falls Ihre Schule oder Ihr Betrieb Angaben über Verspätungen von S-Bahn-Zügen in der Stammstrecke benötigen, bitten wir die jeweils zuständige Stelle anrufen zu lassen … Wir danken für Ihr Verständnis“. Anschlag der Deutschen Bundesbahn im S-Bahnhof Marienplatz/München.

Vierte Szene: Aufruhr am Dorfplatz

Hans Haacke, Die Fahne hoch, München Propyläen, 1991

Hans Haacke, Die Fahne hoch, München Propyläen, 1991

Eine zeitlich begrenzte oder auf Dauer eingerichtete künstlerische Intervention versetzt nicht wenige von uns in Aufruhr. Nun kann es sein, daß das abgestumpfte Auge nach Jahren des gesicherten optischen Abtastens durch ein jähes Hindernis gestört wird. Ein Hindernis, das sich auch nach dem zweiten Blick noch als ein Produkt ohne sichtbare Nutzanwendung erweist. Stetig anschwellend bauen sich die Verteidigungsstrategien für einen Raum auf, der in Wahrheit längst von einigen Wenigen in Besitz genommen wurde. Der „Störfall“ aber stiftet Identität mit einem tatsächlich auch noch so entfremdeten Ambiente, dessen anteilige Rechte nun eingeklagt werden. Eine „Bestätigung“ der Hersteller oder Betreiber eines solchen Produktes fruchtet nur wenig, nicht einmal wortreiche offizielle Sanktionierungen dieser Aktion sind von großem Erfolg gekrönt.

Zwischenspiel: Nichts hat etwas zu bedeuten

Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste, München Königsplatz 1991

Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste, München Königsplatz 1991

Die Künstler proben auf dem Dorfplatz für die Aufführung: Sie packen ihre Requisiten aus. Eine Art Generalprobe, um für den „Ernstfall“ gerüstet zu sein. Holzlatten und Packpapier simulieren in der Achse zur Glyptothek die räumliche Ausdehnung des späteren Objektes. Auf den Stufen des Museums finden sich interessierte Besucher ein, die auf eine abendliche Freilichtaufführung im Innenhof warten. Gewiß sind sie sich über den Kontext nicht im Klaren, aber Zusammenhänge zum nachfolgenden Geschehen könnten vermutet werden. Die Probe-Handlung mag zwar fremd, aber in irgendeiner Form durchaus erklärbar sein. Für die Ordnungshüter, die sich wenig später in einem Streifenwagen nähern, fehlt die optisch-inhaltliche Vernetzung komplett. Weder sind sie über die Aufführung von Hölderlins „Hyperion“ informiert, noch ergeben die zwei Personen mit ihrem provisorischen Holz-Papier-Gerüst einen für sich stehenden Sinn.

Aber geschult an vorbereitenden Handlungen und ihren Folgewirkungen, wird die in solchen Fällen landläufige Kombinatorik in Gang gesetzt und die Suche nach dem Zweck dieses „Auftritts“ mit der Frage, ob hier später noch Parolen auf das Papier geschrieben und welcher Art sie sein würden, auf den entscheidenden Punkt gebracht. Eine ausführliche Erklärung des Sachverhalts und die Versicherung, auch nach Abfahrt des Streifenwagens in gleicher Weise wie bisher zu verfahren, nämlich eine Proportionsstudie für ein von amtlicher Seite bereits genehmigtes Kunstprojekt vorzunehmen, scheint überzeugend genug auszufallen, sodaß das linear gedacht berechtigte Mißtrauen gegenüber einer unbezeichneten Papierattrappe ausgeräumt werden kann.

Fünfte Szene: Die Verunsicherung spitzt sich zu

Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste, München Königsplatz 1991

Tamara Horáková & Ewald Maurer, Elfenbeinküste, München Königsplatz 1991

Künstlerische Aktionen im öffentlichen Raum, der als solcher intuitiv oder analytisch definiert wurde, weisen eine disparate Rezeptionsstruktur auf. Steuern sie auf der einen Seite das ästhetisch-geistige Potential dieses Ortes als ein nicht beliebiges an, indem sie versuchen, auf einer adäquaten Ebene wirksam zu werden, erfüllen sie einen Anspruch, der aus dem künstlerischen Kontext heraus gestellt werden muß. Auf der Seite des daran vorbeikommenden, also nicht zielgerichtet auf das Objekt zusteuernden Konsumenten, erzeugt es meist Ratlosigkeit, weil der Gestaltungsakt/der Eingriff an einem „unpassenden“ Ort, in nicht vertrauter Modulation als künstlerisch sinnfälliger so nicht angenommen werden kann. Wird ein künstlerisches Gebilde, eine Skulptur, ein Objekt ausgestellt im städtischen Park, in den Freizeitzonen etwa oder auf einem Sockel an markanter, zu Repräsentationszwecken geeigneter Stelle – wird das Artefakt zwar mehr oder weniger emotionslos hingenommen, obwohl oder gerade weil es sich vom Sprachvokabular des Handlungsraumes als Solitär aus einem zwar durchschnittlich wesensfremden, aber durch ein gewisses Maß an Bildungserfahrung und Medienpräsenz legitimierten Bereich absetzt.

Je deutlicher die Kongruenz und die damit in ihr angelegte ästhetische und konzeptuelle Brechung zum Erlebnisraum der Alltagsrealität – einer vergangenen, wiederauflebenden oder einer gegenwärtig intervenierenden – ist, desto mehr Konfliktstoffe sind in das künstlerische Werk verpackt. Denn hier regt die Optik zu Referenzen an, zur Überprüfung und damit eigentlich bewußten Erfahrung der Erlebnismuster, denen sich der Betrachter Tag für Tag ausgesetzt sieht. Dieses Ausgesetztsein wird ihm durch die so beschriebenen Eingriffe und Inszenierungen (unter)bewußt; das zweckgerichtete Firmenlogo, die bildliche Konsum- und Weltaufbereitung kann er vom scheinbar zweckfreien Kunstobjekt, das intensiv genug ist, um ihn als Störfaktor zu beunruhigen, nicht mehr so klar unterscheiden wie die abstrakte Plastik von den Reklameschildern und den anderen Wegweisern durchs tägliche Leben.

Sechste Szene: An einem besonderen Ort

Dennis Adams, Ehrentempel, München Meiserstraße/Arcisstraße 1991

Dennis Adams, Ehrentempel, München Meiserstraße/Arcisstraße 1991

Wenn sich die Zeichensetzung innerhalb des städtischen Ambientes auf einen besonderen Ort konzentriert, werden Gestalt und inhaltliche Bedeutung solcher Zeichen, wollen sie wirksam werden, ortsspezifisch reagieren müssen. Eines der wichtigsten Charakteristika von Kunst im öffentlichen Raum kann durch die Nicht-Austauschbarkeit der Objekte beschrieben werden. Sie sind an den Kontext gebunden und reagieren auf ihn. Die Allgemeingültigkeit des Kunstwerkes an sich wird in diesem Zusammenhang nicht nur in Frage gestellt, sondern schlicht und einfach aufgehoben. Das Kunstwerk bezieht nicht aus sich heraus (gemeint ist aus den freien Gedankenassoziationen seines Herstellers) seine Position zur Welt, es legitimiert sich als Fragestellung zu einem vorher festgelegten, ganz bestimmten Thema. Das Schöpferische an sich (?) tritt hinter einer bewußten In-Beziehung-Setzung zurück.

In Wirklichkeit verhält es sich, vereinfacht ausgedrückt, so, daß der Raster, in dessen Koordinationspunkten jedes Artefakt entsteht, „veröffentlicht“ wird; zumindest jene Teile von ihm, die die Oberflächenstruktur und damit die kohärent-anzüglichen Erkennungssignale betreffen. Die solcherart eingeführte Dialogebene läßt einen Austausch von Signalen zu, wobei sich das kommunikative Kanalsystem erweitert: die Frequenz ist nicht nur auf Online zwischen Künstler-Sender und Konsument-Empfänger eingestellt, sie bezieht in einer Ring-Schaltung den spezifischen Ort als zusätzlichen Sender mit ein. Wulf Herzogenrath skizzierte, wie Künstler im Verlauf des 20. Jahrhunderts die Ausstellungsformen veränderten und wie das Spezifische der Orte unverrückbarer Teil der Werke wurde, die nur hier und jetzt so entstehen konnten.5Wulf Herzogenrath, Künstler verändern die Ausstellungsformen, in: Die Endlichkeit der Freiheit, Berlin 1990 (op.cit.).S. 28.  Dabei spielte natürlich nicht immer nur der klar definierte öffentliche Raum die Rolle des Auslösefaktors. Ein generelles Unbehagen an den weißen, viereckigen Galerieräumen ließ sie die Flucht nach draußen (inklusive aufgelassener Fabrikhallen und Industrieareale) antreten. Hans Haacke ortet ähnlich gelagerte aktuelle Tendenzen in der amerikanischen Kunst der neunziger Jahre.6Hans Haacke in einem Interview mit Wilhelm Warning für den Bayerischen Rundfunk. Das Interview wurde im Juli 1991 ausgestrahlt. Für Vilem Flusser sind die Organisatoren von Kunstausstellungen die eigentlich politisch Engagierten, da sie den Prozeß der Veröffentlichung, den er als „politisches Engagement“ – im Unterscheid dazu die „Kunst“ als Informationsprozessierung – klassifiziert, in Gang setzen.7 Vilem Flusser, Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum, in: „Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum“, Ausstellungskatalog, Waiser & Wittenbrink, München 1991, S. 14.

Ist ein bestimmtes, abgegrenztes städtisches Ambiente nur dadurch ein besonderer Ort, weil es einen aus thematischen Überlegungen klar definierten Kontext hervorhebt oder fließt in der heutigen Mediengesellschaft die eigentliche Information nicht ohnehin an den für öffentlich gehaltenen Plätzen vorbei? Sind die wahren Informationszentralen überhaupt noch sichtbar, strahlen sie nicht das, was ihnen wichtig erscheint und was die Bedingungen und Mechanismen der Sozietät bestimmt, in die vier Wände des schönen Heims, das damit öffentlicher als jeder Boulevard, als jeder Central Square, als jeder Dorfplatz ist? Ganz nach dem Motto „Wer zuhause bleibt, hat Zutritt zu allen kulturellen (und politischen, Anm. d. Verf.) Informationen, und wer das Haus verläßt, läuft Gefahr Informationen zu versäumen“?8 Ders.,in: op.cit., S. 16. In einer solchen, durchaus ernstzunehmenden, Beobachtung tritt das globale McLuhan’sche Dorf in den Gegensatz zu regionalen und ortsspezifischen Informationsmustern; in den Gegensatz aber auch sowohl zu den traditionellen und noch lange nicht ausgereizten Mustern der Kunstübung und derem unglaublich vielseitigen, aus Invention, Verarbeitung und Brechung zusammengesetzten Bildpotential.

Ganz zu schweigen von der aus den Zentralen diktierten medialen Praxis, die Kunst im besten Fall als reproduziertes Ereignis in meist ungeeigneter Präsentationsform in die höchstens 67 Diagonalzentimeter große öffentliche Informationszentrale an die Endverbraucher, noch dazu in sparsamst dosierten Haushaltsmengen, abgibt (Medial produzierende Kunst steht ohnedies nicht auf dem täglichen Informationsmenüplan). Von da her, könnte man argumentieren, muß sich die Kunst den traditionellen Öffentlichkeitsraum suchen, um optisch, wenn sie dies anstrebt, nicht nur mit einem Ausschnitt aus der Publizität vernetzt zu sein. Eine argumentative Feinabstimmung hätte die dringend gebotene, zumindest temporär oder periodisch wiederkehrende Komplettierung des zivilisatorisch-kulturellen Gesamtbildes mit zu berücksichtigen, ebenso den Überraschungseffekt und die berechtigte Spekulation, physische Präsenzen der Passanten jenseits der eingefahrenen Informationsgeleise auszunützen, um bildhaft einen geistigen Dialog in Gang zu setzen.

Siebte Szene: Die Rollen und ihre Darsteller

Hans Haacke, Die Fahne hoch, München Propyläen, 1991

Hans Haacke, Die Fahne hoch, München Propyläen, 1991

Der Königsplatz in München ist zweifelsohne ein solcher besonderer Ort innerhalb eines städtischen Ambientes. Der „Terror öffentlicher Zeichen von Staat und Wirtschaft“9Peter Weibel, Spezifische Situationen. Zeichen im öffentlichen Raum. Situationistische Skulpturen, in: Freizone Dorotheergasse, Ausstellungskatalog, Wien 1988.  ist ihm (fast) fremd, seine Architektur ist nicht austauschbar, sondern signifikant und über die symbolische Form ihrer einzelnen Elemente wie über ihre gesamte Gestalt ohne große Schwierigkeiten ihrem Zweck und ihrer Bestimmung zuzuordnen.10“Uns mag die Vielfalt verspielter und verharmlosender Sinnbilder der Bauplastik des 19. Jahrhunderts heute amüsieren oder anrühren, jedenfalls summierte sich solche Außenplastik zu einem lesbaren und geschlossenen Stadtkonzept. Die moderne Architektur hat ihren Produkten diese Anschaulichkeit gründlich ausgetrieben … Die intensive Beschriftung der Stadt kompensiert als Text die fehlende Anschaulichkeit von Fassaden und Erschließungswegen, des Stadtgefüges überhaupt“. Walter Grasskamp, Invasion aus dem Atelier, in: op.cit., S. 147  Über die steinernen Kulissen teilt sich auch dem weitgehend uninformierten Betrachter so etwas wie ein vergangener Zeitgeist mit.

Kunst am Königsplatz – das kann eine solche Freilichtausstellung von hohem ästhetischen Reiz sein. Skulpturen und Objekte könnten mit den ausgewogenen Bauformen korrespondieren; ausgeklügelte Blickkontakte würden ein neues formal-ästhetisches Spannungsfeld erzeugen. Antike, Klassizismus, Gegenwart: ein stilistischer Kontext ohne Fehl und Tadel. Die eingeladenen Künstler/Künstlerinnen/Künstlerpaare wollten nicht das Bild des Königsplatzes an sechs Positionen weiterzeichnen, sie setzten sich mit seinem Image auseinander. Das bedeutet in Übereinstimmung mit den Überlegungen zur Kunst im öffentlichen Raum, daß diese Arbeiten nicht nur für den speziellen Ort entwickelt wurden. sondern daß sie auch weder vorher noch nachher auf einem anderen Platz stehen konnten bzw. postiert werden können.

Das hergestellte Bezugssystem funktioniert im Moment der Installation in einem geschlossenen Kreislauf, den das Fehlen eines Gliedes, etwa der optische Fond, der konkrete Bildträger, aber auch die assoziative historische und geistige Referenz, unterbrechen und sinnentleeren würde. Die als Parameter eingeführten Dimensionen sind unterschiedlich, auch wenn sie sich im wesentlichen auf zwei historischen Ebenen bewegen: auf der des klassizistischen Forums mit seinen machtpolitischen, philhellenischen und kunstidealistischen Ideen und auf der des ideologischen Festraums und Aufmarschplatzes, der in der Nazi-Zeit zu räumlichen und bildlichen Erweiterungen führte. Die künstlerischen Verfahrensweisen stehen einander zum Teil diametral gegenüber, in anderen Teilen ergänzen sie sich und runden die Einzelbilder zu einem Gesamtbild ab.

Hans Haacke und Dennis Adams beziehen Positionen zum Königsplatz des „Tausendjährigen Reiches“. Während Adams zunächst einmal allein schon mit der Wahl seines Installationsortes, den Fundamenten der ehemaligen Ehrentempel, die reale Erweiterung des Platzes durch die Nazis wieder deutlich ins Blickfeld rückt, setzt Haacke als Einstieg auf die ästhetische Rekonstruktion der Nazi-Inszenierungen, bei denen die Fahnen und die Banner eine entscheidende Rolle spielten. Haacke schlagt mit der optischen und inhaltlich-begrifflichen Information den Bogen zur Gegenwart, indem er die Tradition von Verknüpfungen zwischen Wirtschaft und Politik, die Abhängigkeiten der beiden Machtbereiche und das Aufeinanderabstimmen ihrer Handlungsweisen exemplarisch an zwei Zeitkurven, der der Dreißigerjahre und der des Jahres 1991, veranschaulicht. Adams ruft die Proportionen der Weihestätten für die „Blutzeugen“ durch die präzisen Maßverhältnisse seiner Billboards, die den Eingängen der Ehrentempel entsprechen, in Erinnerung. Sein inszeniertes Bild mit der Rückenansicht der alten Frau vor dem Schminktisch einer Hollywood-Diva zielt auf die Frage nach dem Rollenverhalten, nach den Verstrickungen, bringt Nähe und Ferne, also Involvierung und Distanz zur Sprache.

Für Silvie & Chérif Defraoui ist Ludwigs bayerisch-griechischer Traum und die Realität reproduzierter Zeugnisse der auslösende Faktor. Ihre Marmorplatten mit den „Ansichten“ griechischer Monumente und der begrifflichen Auflistung des exotisch-realen Ortes reizen die „archäologische“ Ebene des Themas aus und stellen Fragen nach unseren heutigen bildlich-begrifflichen Zeichensystemen. Esther Parada entwickelt ein Kompendium von Bildmotiven, das von der Minerva aus dem Giebel der Glyptothek über das BDM-Mädchen im Turndress bis zur Münchener Passantin reicht, die ihr zufällig, aber nun gezielt ausgewählt, in Gestalt einer Nordafrikanerin über den Weg lief. Den Heroen, Helden, Berühmtheiten und ihren Denkmälern setzt sie die (Funktions)Bilder der Frauen gegenüber, indem sich die Gegenwart Schicht für Schicht, farbig wie mit dem Markierstift akzentuiert, über die Vergangenheit legt.

Tamara Horáková & Ewald Maurer zetteln einen Diskurs über das Licht-Bild und die klassifizierenden Formen der Architektur an. Ihr Ansatz entfernt sich von einer inhaltlich-bildlichen Positionsbestimmung, die Assoziationsfelder bauen auf bildlicher Verweigerung bzw. Codierung und auf dem Formvergleich auf. Der monumentalen Kulisse wird eine Klein-Architektur gegenübergestellt, die sich einerseits in ihrem „zeitlosen“ Avantgarde-Stil Ende 20er/ Anfang 30er Jahre mit Erscheinung und Begriff des Klassizismus mißt, andererseits die Formverfremdung mit Hilfe des Leuchtdias und dessen „Aussage“ als transluzides Elfenbein in den Kontext der Farbigkeit des Platzes wie den auf eine bildhafte Beschreibung der Wirklichkeit hin genormten Farbskalen des reproduzierbaren Fotomediums stellt.

Marie-Jo Lafontaine läßt in ihrer Arbeit die unterschiedlichen zeitlichen Dimensionen des Platzes miteinander verschmelzen. Nach außen projeziert sie die Worte des griechischen Staatsmannes, der über die Rednertribüne der Agora unter anderem den Stadtraum als weltoffenes Forum proklamiert, und damit erstaunliche Affinitäten zu Problemfeldern der aktuellen politischen Landschaft herzustellen vermag. Lafontaine greift aber auch in einem bewußten Raumtransfer und in einer ausgeweiteten Definition des öffentlichen Raumes in das von ihr künstlerisch besetzte Gebäude, die Glyptothek, zugleich der Beginn von Ludwigs materialisiertem Kunsttraum, ein. Einen der Kuppelsäle verwandelt sie in ein Flammenmeer. Das weitgehend reduzierte fotografische Abbild, das sich aus seinen Einzelteilen heraus zu einem monumentalen Symbol entwickelt, verknüpft Gewalt und Leidenschaften, programmierte Zerstörung und zynisches, menschenverachtendes Inferno zu einem jeweils zeitlichen Symbol der Macht. Indem die Künstler den Königsplatz in Szene setzen, fügen sie den bekannten und geläufigen Bildern seiner äußeren Erscheinung neue, unverbrauchte oder in den Gegenwartsraum hinein verlängerte hinzu. Sechzehn physische von hundert virtuellen Augen sehen und machen sichtbar. Mag sein, daß Argus in der ihm zuerkannten Rolle an seiner Passivität gescheitert ist. Mag auch sein, daß ihm daher im farbig-dekorativen „Denkmal“ der Pfauenfeder der adäquate Ruhm zuteil geworden ist.

MANUSKRIPT ZU: Werner Fenz, IN SZENE  GESETZT. DER KÖNIGSPLATZ UND DIE KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM. IN: ARGUSAUGE, MÜNCHEN/KÖNIGSPLATZ 13. SEPTEMBER – 10. OKTOBER 1991, MÜNCHEN: STÄDTISCHE GALERIE IM LENBACHHAUS 1991, S. 19 – 24
ABBILDUNGEN: ARCHIV FENZ-KORTSCHAK, STÄDTISCHE GALERIE IM LENBACHHAUS MÜNCHEN
FoTos: HorÁkovÁ & Mauerer
PUBLIKATION

References
1 Ich denke da in erster Linie an die in Berlin gezeigte Ausstellung „Die Endlichkeit der Freiheit /Berlin 1990. Ein Ausstellungsprojekt in Ost und West“, die nach einer Idee von Rebecca Horn, Jannis Kounellis und Heiner Müller von Wulf Herzogenrath, Jochen Sartorius und Christoph Tannert realisiert wurde und an die Veranstaltung „Bezugspunkte 38/88“ in Graz, die 1988 im Auftrag des Festivals „steirischer herbst“ vom Verfasser konzipiert wurde. Zu beiden Ausstellungen erschien in der Edition Hentrich bzw. im „steirischen herbst“ ein ausführlicher Katalog.
2 Walter Grasskamp, Invasion aus dem Atelier, in: Unerwünschte Monumente. Moderne Kunst im Stadtraum, Silke Schreiber, München 1989, S. 162.
3

Ein Scheitern ist dann zu konstatieren, wenn der öffentliche Raum als Folie zwar angerissen, seine besonderen Bedingungen des Gestaltungsauftrages als Folge eines deutlich veränderten Rezeptionsverhaltens aber nicht eingelöst werden. „Promenades“ in Genf (1985) z. B. stellte keinen anderen Anspruch, als eine Freilicht-Ausstellung zu sein. Der Begriff „Kunst im öffentlichen Raum“ sollte sorgfältiger als bisher verwendet werden, um Mißverständnisse und Unverbindlichkeiten zu vermeiden.

4 “Sollten Sie heute wegen einer Betriebsstörung Ihr Ziel nicht rechtzeitig erreichen, so bedauern wir dies. Falls Ihre Schule oder Ihr Betrieb Angaben über Verspätungen von S-Bahn-Zügen in der Stammstrecke benötigen, bitten wir die jeweils zuständige Stelle anrufen zu lassen … Wir danken für Ihr Verständnis“. Anschlag der Deutschen Bundesbahn im S-Bahnhof Marienplatz/München.
5 Wulf Herzogenrath, Künstler verändern die Ausstellungsformen, in: Die Endlichkeit der Freiheit, Berlin 1990 (op.cit.).S. 28.
6 Hans Haacke in einem Interview mit Wilhelm Warning für den Bayerischen Rundfunk. Das Interview wurde im Juli 1991 ausgestrahlt.
7  Vilem Flusser, Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum, in: „Fotografie als Kunst im öffentlichen Raum“, Ausstellungskatalog, Waiser & Wittenbrink, München 1991, S. 14.
8  Ders.,in: op.cit., S. 16.
9 Peter Weibel, Spezifische Situationen. Zeichen im öffentlichen Raum. Situationistische Skulpturen, in: Freizone Dorotheergasse, Ausstellungskatalog, Wien 1988.
10 “Uns mag die Vielfalt verspielter und verharmlosender Sinnbilder der Bauplastik des 19. Jahrhunderts heute amüsieren oder anrühren, jedenfalls summierte sich solche Außenplastik zu einem lesbaren und geschlossenen Stadtkonzept. Die moderne Architektur hat ihren Produkten diese Anschaulichkeit gründlich ausgetrieben … Die intensive Beschriftung der Stadt kompensiert als Text die fehlende Anschaulichkeit von Fassaden und Erschließungswegen, des Stadtgefüges überhaupt“. Walter Grasskamp, Invasion aus dem Atelier, in: op.cit., S. 147