In die Stadt einschreiben
Verbale Bilder
Ausgangspunkt für die Projektreihe In die Stadt einschreiben (2010/2011) waren langjährige altbekannte und doch immer wieder überraschende Beobachtungen und Erfahrungen. Die Texte, besser: die Slogans, im öffentlichen Raum legen permanent und mit einem immer weiter gesteigerten optischen Lärmpegel an Oberflächlichkeit zu bzw. erweisen sich, fast nur mehr in der Form, dass das Niveau der Sprache gezielt und konsequent gesenkt wird, als Wirtschaftssystem erhaltend. Ohne ausfhrliche Studien betreiben zu müssen, ist ein Stil im Vormarsch, den die Werbebranche gewiss als originelle Wortspiele bezeichnen wird.Es ist nicht nur die Parole „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“, die den Ausruf eines Klassikers verbiegt in der Hoffnung, den Umsatz zu steigern. Und das nicht ohne Erfolg. Wenn man einem Passanten oder einer vor dem Fernseher Sitzenden verkünden will, dass dieses oder jenes Angebot für ihn oder sie interessant sein könnte, dann ist es wie selbstverständlich „4 You“. Daher war es erklärtes Ziel und den Versuch wert, Künstlerinnen und Künstler einzuladen, Texte der „anderen Art“ in die Stadt einzuschreiben.
Konkret handelte es sich beispielhaft um ein bereits durch den Architekturdekor gerahmtes Feld auf der Fassade des Akademischen Gymnasiums in Graz. Der davor liegende Tummelplatz ist einer jener freien Flächen in der Stadt, der nicht nur durch den Zustrom der Schülerinnen und Schüler eine hohe Frequenz aufweist, sondern zudem noch als eine der beliebtesten „Veranstaltungsflächen“ ausgewiesen ist. Bereits vom ersten Beitrag an zeigte sich, dass die Eingeladenen, vorwiegend aus dem Bereich der bildenden Kunst, die Sprache als Medium eingesetzt hatten, das seine Qualität auf der Ebene der Kommunikation nicht aus dem zielgerichteten didaktischen „Lehrsatz“ bezog, sondern vielmehr aus einer Komplexität und damit aus der Mehrdeutigkeit.
Das heißt, dass die Vorübergehenden kaum mit einem Blick die Botschaft und deren Bedeutung aufnehmen konnten. Nur eine gezielte Auseinandersetzung mit den Feststellungen, die sich als tiefgreifende Behauptungen herausstellten, konnte einen ersten Einstieg und in Folge auch den Zugang – trotz mancher scheinbarer, auf jeden Fall denkanstoßender Widersprüche – schaffen. Diese ungewohnten Textpassagen im Alltagsraum waren unzweifelhaft ein Experiment, mit dem zumindest eine andere Tonlage von Sprache vermittelt und der Anstoß zu einer weiteren Auseinandersetzung gegeben werden konnte.
Bewusst hatte das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark (2006–2011) die Fassade einer Bildungsanstalt, freilich ein altmodisches Wort, gewählt und ist dabei auf breite Zustimmung der Direktion und des Lehrkörpers gestoßen. Dieses angenehme Klima machte es möglich, jeweils zur Eröffnung eines neuen Beitrags eine Klasse oder mehrere Klassen zu einem Gespräch mit der Künstlerin, dem Künstler einzuladen. Eine derartige Konstellation war von Anfang an angedacht, da damit die Fassade transparent gemacht werden konnte: Die Einladung zur Kommunikation mit dem Kunstwerk nach außen, auf den Platz, und nach innen, in den schulischen Alltag. Bereits in diesen Stunden haben sich die Bemühungen, ein neues Format der Bild-Kunst zu lancieren, gelohnt. Auf Quotenjagd im öffentlichen Raum zu gehen, war auch in dieser Projektserie nicht das Ziel.